Wien: Einst Pensionopolis, heute Weltstadt

Schneefall in Wien am 08.01.2016
2017 könnte Wien zur sechstgrößten Metropole der Europäischen Union werden.

Noch jünger, größer und internationaler – so soll das Wien der Zukunft aussehen. Trug die Stadt in den 1960er-Jahren noch den wenig schmeichelhaften Beinamen Pensionopolis, kann heute davon keine Rede mehr sein: Denn 2017 könnte wieder einen Rekord an Geburten bringen. Möglich ist zudem, dass Wien heuer 1,9 Millionen Einwohner erreicht – und sechstgrößte Stadt der Europäischen Union wird.

Derzeit sind London, Berlin, Madrid, Rom, Paris und Bukarest die größten Metropolen der EU. "Aus heutiger Sicht ist es aber sehr wahrscheinlich, dass wir Bukarest spätestens Ende des Jahres überholen", erklärt Klemens Himpele, Leiter der für Statistik zuständigen MA 23. Zudem habe Rumänien seit 2011 keine Daten veröffentlicht, und die Bevölkerungszahl der Hauptstadt sinke seitdem tendenziell.

"Historischer Rekord"

Wien hingegen wächst. Ein Blick zurück zeigt: "Von Jänner 2015 bis Jänner 2016 verzeichnete die Stadt ein Plus von 42.889 Einwohnern. Das war ein historischer Rekord", erläutert Himpele. In keinem Jahr zuvor stieg die Einwohnerzahl derart stark.

Das lässt sich übrigens nur zum Teil mit dem Zuzug der Flüchtlinge erklären. Zwar kamen rund 15.000 Menschen aus Syrien, Afghanistan und dem Irak nach Wien. Ein Vergleich zeigt jedoch, dass zum Beispiel deutlich mehr Menschen aus EU-Ländern zuwanderten. So zogen etwa im besagten Zeitraum 33.888 EU-Bürger nach Wien. (Da 18.724 EU-Bürger auch wieder aus Wien wegzogen, ergibt das einen Saldo von 15.164 Neo-Wienern, die aus anderen EU-Ländern stammen.) Die meisten Drittstaatsangehörigen kamen übrigens aus Serbien: 5334 migrierten innerhalb dieser Zeitspanne nach Wien.

Doch Wien wächst auch, weil immer mehr Kinder zur Welt kommen. "Den bisherigen Rekord hatten wir im Jahr 1967 mit 20.507 Geburten", erklärt Himpele. Die wenigsten – nämlich 13.087 – gab es 1977. Seit 2004 verzeichnet man in Wien jedes Jahr wieder mehr Geburten als Todesfälle. Im Jahr 2015 etwa zählte man 19.931 Geburten. "Es könnte sein, dass wir 2017 wieder einen Wert wie einst 1967 erreichen", erläutert Himpele. Auch das würde mit dem regen Zuzug zusammenhängen: "Zuwanderung ist größtenteils jung, somit gibt es schlicht mehr potenzielle Mütter in der Stadt."

Wien wird nicht nur jünger, Wien ist und bleibt auch die größte Studentenstadt im deutschsprachigen Raum: "Derzeit leben rund 195.000 Studierende in Wien – das sind mehr als in Berlin, in München oder in Zürich", sagt Himpele.

Was die einzelnen Bezirke betrifft, so könnten heuer zwei weitere in den Club der 100.000er aufsteigen: Während die Leopoldstadt, Favoriten, Ottakring, Floridsdorf und die Donaustadt bereits mehr als 100.000 Einwohner haben, könnten Liesing und Simmering diese Anzahl 2017 erreichen.

Bezirke wachsen

Es ist übrigens durchaus möglich, dass heuer alle Bezirke einen Bevölkerungszuwachs verzeichnen. Das einzige Fragezeichen ist Hietzing: "Der Bezirk sollte laut Prognosen von 2014 bis 2024 schrumpfen. Wegen eines Flüchtlingsquartiers für 800 Menschen stieg die Bevölkerungszahl im Jahr 2016 aber leicht an. Hier ist unsicher, wie sich die Situation 2017 entwickeln wird", sagt Himpele.

Spannend ist jedenfalls, wann Wien sechstgrößte Stadt der EU wird. Hat Wien Bukarest einmal überholt, liegt Paris mit 2,2 Millionen Einwohnern vor der Bundeshauptstadt. Paris einzuholen, wird aber dauern: "Laut aktuellen Prognosen erreicht Wien die Zwei-Millionen-Marke noch vor dem Jahr 2030", sagt Himpele.

Dennoch hat Wien die Chance, in absehbarer Zeit fünftgrößte Stadt der EU zu werden: Und zwar, wenn das Vereinigte Königreich aus der Europäischen Union austritt – und London nicht mehr zur EU zählt.

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