Bauordnung, das klingt erst einmal nach einer staubtrockenen Materie, für die sich zum Glück nur Spezialistinnen und Spezialisten interessieren müssen. Weit gefehlt: Zwar werden in der Wiener Bauordnung zahllose Details geregelt, die tatsächlich in erster Linie für Immobilienentwickler und Häuslbauer relevant sind. Sie legt aber auch Dinge fest, deren Auswirkungen alle in dieser Stadt betreffen.
So werden in den 140 Paragrafen Flächenwidmungs- und Bebauungspläne genauso geregelt wie Schutzzonen für historischen Baubestand oder Anforderungen an die Energieversorgung. Kein Wunder also, dass eine angekündigte Novellierung der Bauordnung wie auch im aktuellen Fall für allerhand Begehrlichkeiten sorgt.
Um diesen im Rahmen einer breiten Diskussion gerecht zu werden, wie im rot-pinken Koalitionsabkommen festgeschrieben, lädt Wohnbaustadträtin Kathrin Gaál (SPÖ) ab heute, Mittwoch, zu einer zweitägigen Fachenquete ins Rathaus ein.
Mehr als 100 Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis sowie zuständige Politikerinnen und Politiker aller Fraktionen sind dazu eingeladen, sich zu den drei ausgerufenen Schwerpunktthemen Klimaschutz und Klimawandelanpassung, leistbares und qualitätsvolles Wohnen sowie Verfahrensvereinfachung auszutauschen.
Zu wenig, zu spät
So weit, so umsichtig?
Nein, sagt die Opposition. „Viel zu spät“ komme die Enquete angesichts der drängenden Klima- und neuerdings auch Energiekrise, klagt etwa Grünen-Chef Peter Kraus. Es reiche schlicht nicht, dass die Reform erst mit Jahresbeginn 2024 in Kraft tritt, wie es aufgrund der avisierten Beschlussfassung im zweiten Halbjahr 2023 zu vermuten sei.
Und ÖVP-Klubobmann Markus Wölbitsch vermisst im Programm den angekündigten Austausch: „Zu zwei Dritteln handelt es sich um Vorträge“, kritisiert er. So lange vor dem geplanten Beschluss sei es unverständlich, dass die Stadt nicht wenigstens glaubhaft das Gefühl vermittle, man dürfe „mitdiskutieren und mitgestalten“.
ÖVP will bessere Nachvollziehbarkeit
Und so nutzte man den Tag vor der Enquete, um die jeweiligen Anliegen für die Novelle vorzulegen. Ganz oben auf dem Wunschzettel der ÖVP: mehr Transparenz und Nachvollziehbarkeit, von der Änderung von Flächenwidmungs- und Bebauungsplänen über die Offenlegung städtebaulicher Verträge zwischen der Stadt Wien und Bauträgern bis hin zu transparenten Kriterien für Schutzzonen und Abbrüchen von Gründerzeitbauten.
Zudem wird mehr Mitsprache für die Bezirke, ein Stopp der Bodenversiegelung durch Nachverdichtung oder auch mehr Tempo bei der Sanierung der Gemeindebauten gefordert.
Grüne fordern Klimaschutzreform
Für Kraus ist wiederum klar: „Die Reform muss eine Klimaschutzreform sein“. Die Grünen fordern daher allem voran einen Zeitplan zum Ausstieg aus den klimaschädlichen Gasheizungen, inklusive eines sofortigen Verbots von Gasheizungen im Neubau und der Ausweitung der Energieraumpläne auf den Bestand.
Zudem brauche es mehr Druck bei thermischen Sanierungen, den Schutz von Frischluftschneisen in die Stadt und eine Leerstandsabgabe als Mittel der Wahl gegen den Bodenverbrauch.
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