Wer wird gewinnen? Die Tipps der Türken am Brunnenmarkt

Mehmet Vural am Wiener Brunnenmarkt in Ottakring: Er drückt Österreich und der Türkei die Daumen.
Es geht, wie man so schön sagt, um die Wurst: Wer wird gewinnen? Österreich oder die Türkei?
Hinter der Budel seines Fleischhauer-Standes am Wiener Brunnenmarkt wartet Mehmet Vural am Montag auf Kundschaft. Aufgrund des Nieselregens hält sich die Kauflaune in Grenzen – ein idealer Zeitpunkt, um ein wenig über Fußball zu plaudern. Sofort hellt sich Vurals Miene auf: Am liebsten wäre ihm, dass „beide gewinnen. Aber Österreich ist schon sehr stark zur Zeit.“
Kistenweise Bananen, daneben Oliven, Nüsse und bunte Kleider um wenige Euro – Ware wie auch der Verkäufer am Brunnenmarkt in Wien-Ottakring haben großteils Migrationshintergrund.

Montagvormittag am Wiener Brunnenmarkt: Das Wetter lockte nicht allzu viele Kunden. Daher blieb Zeit, über Fußball zu plaudern.
Auch Vural: „Ich bin in der Türkei geboren, bin aber 1990 hergekommen und hier aufgewachsen“, erzählt er. „Daher ist beides meine Heimat – die Türkei und Österreich. Am liebsten wäre mir eigentlich ein 1:1.“
"Egal wie es ausgeht: Wir werden feiern"
Doch im Achtelfinale muss es einen Sieger geben: „Na gut, dann halte ich zu 60 Prozent zur Türkei“, fügt Vural hinzu und lacht. Er werde Zuhause mit Geschwistern und Cousins schauen: „Der Beste soll gewinnen. Und egal, wie es ausgeht: Wir werden feiern.“
Sport und Diplomatie
Auch ein paar Stände weiter, beim Kebab-Imbiss von Bayram Kalin, wird das österreichische Team gelobt: „Die spielen wirklich gut und stark.“ Er werde sich das Spiel mit seinen Kindern anschauen. „Mein Sohn ist Fußball-Fanatiker.“ Wer gewinnen wird? „Der Bessere“, sagt Kalin diplomatisch. Vielleicht ein 1:0 für Österreich.
Die Gastarbeiter-Ära: In Österreich gibt es eine große türkische Community. Denn in den 1960er- und 1970er-Jahren wurden gezielt Arbeiter aus der Türkei nach Österreich geholt.
Aktuelle Zahlen: 2023 lebten 282.800 Menschen mit türkischem Hintergrund der ersten und zweiten Generation im Land; das entspricht zwölf Prozent aller Migranten.
Eine Passantin, die sich als Frau Yücel vorstellt, tippt gar auf 3:1. „Ich bin zwar aus der Türkei, aber ich halte zu Österreich“, sagt sie und fügt lachend hinzu: „Gegen die Türkei gewinnt Österreich zu 90 Prozent. Aber sollten sie auf Deutschland treffen ... Na, ich weiß nicht.“
Er war schon Fan von Hans Krankl
Die Österreicher und Fußball – schreiben „wir“ endlich wieder Erfolgsgeschichte?
„Zu den Zeiten von Hans Krankl war Österreich auch super“, sagt Muzaffer Atan. Seit 54 Jahren lebe er hier, 47 Jahre arbeite er nun schon am Brunnenmarkt. Früher habe er Obst und Gemüse verkauft, heute Fleisch.

Muzaffer Atan: Er bleibt immer ruhig und schimpft nie beim Fußballschauen.
Er überlegt nicht lange: „Ich halte zu Österreich.“ Denn er lebe sehr gerne hier. „Wir haben immer hart gearbeitet, aber wir haben Essen und ein Dach über dem Kopf. Ist man zufrieden im Leben, geht alles leichter.“
Fußballspiele schaue er sich sehr gerne an. „Aber ich schimpfe dabei nie. Warum auch? Jeder Spieler ist der Sohn einer Familie.“ Seine Prognose? „Der Ball ist rund – alles Weitere werden wir sehen.“
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