„Für viele ist es eine der wenigen Möglichkeiten, Abschied zu nehmen“, sagt Pater Simon De Keukelaere, katholischer Universitätsseelsorger, der den Gottesdienst gemeinsam mit Katharina Payk, evangelische Pfarrerin der Universität, vorstand. Angehörige können nämlich nicht rückgängig machen, was ihre Verwandten über ihren Körper beschlossen haben.
„Ich würde meinen Körper nur spenden, wenn es für meine Angehörige in Ordnung wäre“, sagt dazu Wolfgang Weninger. Er ist Leiter der Anatomischen Abteilung an der medizinischen Universität im 9. Bezirk. Immer wieder käme es vor, dass Angehörige im Zentrum für Anatomie und Zellbiologie anrufen und darum bitten, den Körper freizugeben. „Für viele ist das nicht leicht“, meint er. „Aber die Menschen schließen einen Vertrag ab, um der Lehre zur Verfügung zu stehen, sie erhalten einen Körperspender-Ausweis, weil sie sich dazu entschließen“, sagt er.
Auflösen könne den Vertrag nur die Person selbst. Nach dem Tod wird der Körper an die MedUni überstellt. Die rund 1.000 Körper im Jahr werden für die Lehre und Forschung fixiert, also mit chemischen Substanzen haltbar gemacht. Dabei wird das Blut durch eine Fixierlösung ersetzt. Keime werden abgetötet, der Zerfall wird gestoppt. „Masken musste man nur wegen Corona tragen, Bakterien werden so eliminiert“, meint Weninger.
Die Sektion an sich dauert ein Jahr. Egal, welche ärztliche Ausbildung man wählt, jeder müsse Hand anlegen. „Wir achten auf Pietät und ethische Korrektheit“, sagt Weninger. Ansonsten müssten Studenten den Kurs wiederholen.
Gearbeitet wird mit Skalpell, Schere, Pinzette und Säge. Haut, Unterhaut, Fettgewebe, Faszien, Muskulatur bis zum Knochen: „Schicht für Schicht geht man durch den Körper und bekommt ein dreidimensionales Verständnis“, sagt er. Elektronische Geräte seien im Seziersaal verboten. Die jungen Ärzte seien meist im zweiten Studienjahr und besuchen den Kurs einmal wöchentlich. Am Institut gibt es sechs Seziersäle mit jeweils 20 Tischen.
Nachfrage steigt
Dass die Nachfrage steigt, merkt man am steigenden Angebot. Die MedUni war lange die einzige Uni, die Körperspenden aus Wien, Niederösterreich und Burgenland annahm. Seit 2018 nimmt die Karl-Landsteiner-Privatuniversität in Krems Körperspenden (1.450 Euro in NÖ, 1.650 Euro in OÖ) an. Sie bieten auch an, die Urne an Angehörige nach der Forschung zur Beisetzung zu übergeben. (Auf Anfrage)
Laut der Kremser Uni spenden die Menschen, weil sie etwas für die ärztliche Ausbildung tun wollen, aber auch aus finanziellen Gründen. Eine Bestattung koste mehrere Tausend Euro. Die private Sigmund Freud Uni präsentiert übrigens im Frühjahr ein neues Körperspender-Programm, gemeinsam mit den Friedhöfen.
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