Nicht nur Energie, auch Holz wird beim Schwammerlsarg, der optisch eher an eine Styroporbox erinnert, gespart: Kein einziger Baum muss dafür gefällt werden. Das Pilzgeflecht wird in einer geeigneten Passform herangezüchtet. Die verwendeten Pilzarten sind in ganz Europa heimisch. Beigesetzt werden können die Särge in jedem herkömmlichen Erdgrab, oder in einem eigens geschaffenen Bereich auf dem Wiener Zentralfriedhof. Mit dem Wiener Naturgrab komme man dem Wunsch vieler Menschen nach, "vollkommen nachhaltig beigesetzt zu werden“, sagt Renate Niklas, Geschäftsführerin der Friedhöfe Wien. Nur vollständig abbaubare Urnen und Särge sind dort gestattet.
"Der Körper des Verstorbenen wird auf Moos gebettet und wie in einem Kokon umschlossen“, so Niklas über den Verwesungsprozess. Sobald der Sarg in der Erde mit Feuchtigkeit in Berührung kommt, beginnt der Pilz zu wachsen. Innerhalb von zwei Monaten wird der Körper vollständig zersetzt und "macht aus uns einen Nährstoff für den Boden“.
Mit einer ähnlichen Bestattungsmethode wirbt auch das Berliner Start-up Circulum Vitae. Bei ihrer "Reerdigung“ wird der Verstorbene in einem speziellen sargähnlichen Kokon auf Grünschnitt, Blumen und Stroh gebettet. Dort bleibt der Körper 40 Tage, während ihn natürliche Mikroben und Bakterien zu Humus transformieren. Mit anderen Worten: Der Leichnam wird kompostiert, die entstandene Erde auf dem Friedhof zu einer Grabstelle gebracht - auch sie ist nicht von der Friedhofspflicht befreit.
"Die Methode ist nachhaltig, weil sie komplett auf den Einsatz von Erdgas verzichtet und keine Emissionen verursacht“, so die Gründer Pablo Metz und Max Hüsch. Eine Tonne weniger CO2 als bei einer Einäscherung soll bei dem Prozess entstehen. Aktuell läuft in einer Kapelle in Mölln Schleswig-Holstein) die vierte Reerdigung. Die Reaktionen auf die klimaschonende Bestattung seien "überwältigend positiv“, resümiert das Duo auf KURIER-Nachfrage.
Christlicher Gedanke
"Täglich erhalten wir Anrufe von Menschen, die für sich oder ihre Angehörigen nach einer Reerdigung fragen.“ Auch bei Vertretern der unterschiedlichen Konfessionen und Weltanschauungen treffe das Verfahren auf Zustimmung. "Erde zu Erde ist grundsätzlich ja nicht nur ein christlicher Gedanke, aber es entspricht unserem Verständnis zur Bewahrung der Schöpfung, von Nachhaltigkeit, Vielfalt und der Entstehung neuen Lebens“, bestätigt Bernd Jacob, Friedhofsbeauftragter des Kirchenkreises Lübeck-Lauenburg, wo das Verfahren erstmals angewandt wurde.
Aktuell läuft noch die zweijährige Pilotphase. Die rechtliche Situation in Österreich müsse noch abschließend beurteilt werden. "Wir erfahren sehr positive Rückmeldungen und sind daher optimistisch“, so das Duo. Vonseiten der Bestattungsinstitute und Friedhöfe sei die Nachfrage jedenfalls da.
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