Es sind entscheidende Jahre, in denen die Weichen für die Zukunft gestellt werden: Für welche Ausbildung, für welchen Job entscheidet man sich? „Mit 18 fängst du an, zu gestalten, wie deine Zukunft wird“, sagt die 25-jährige Julia. „Aber das ist sehr schwierig, wenn man plötzlich alleine, ohne Wohnung und ohne Geld dasteht.“
Für Kinder und Jugendliche, die nicht bei ihren Familien aufwachsen, ist bis zum 18. Geburtstag die Jugendhilfe zuständig. Dann werden sie in die Selbstständigkeit entlassen. „In der Praxis heißt das, dass sie oft schlagartig ihre Versorgung verlieren. Einige landen auch auf der Straße“, sagt Tom Adrian, Leiter der Jugendnotschlafstelle „A Way“ der Caritas in Wien.
Um auf die Problematik aufmerksam zu machen, fand am Freitag eine Expertentagung in Wien statt. Denn noch werde das Problem von Politik und Behörden zu wenig gesehen: „Es wird nicht einmal erhoben, wie viele Betroffene es in Österreich gibt. In Wien geht man von rund 250 pro Jahr aus. Aber es sind sicher mehr“, so Adrian.
Auf den letzten Metern
Eine, die das erlebt hat, ist Julia. „Man hat das Gefühl, man hat so viel Potenzial. Und dann wird man auf den letzten Metern vor die Tür gesetzt“, sagt sie. Auch die 25-jährige Rebecca ist in einem Kinderdorf in Vorarlberg aufgewachsen: „Dieser bedingungslose Rückhalt, den andere Kinder von ihren Eltern haben, fehlt uns ohnehin schon.“ Mit 18 plötzlich auf eigenen Beinen zu stehen, überfordere viele: Meist fehlt das Geld für eine eigene Wohnung oder eine Ausbildung, die Suche nach finanzieller Unterstützung ist zeitaufwendig und kompliziert.
„War ein steiniger Weg“
Julia und Rebecca betonen, dass sie Glück hatten: Beide studieren und haben Zukunftspläne. „Aber es war ein steiniger Weg“, sagt Julia. Daher setzen sie sich nun im Verein „Care Leaver Österreich“ dafür ein, dass es anderen Jugendlichen künftig besser ergeht: Unter anderem fordern sie ein Recht auf Unterstützung bis zum 26. Lebensjahr, um Jugendlichen eine Ausbildung zu ermöglichen.
„Es wäre nicht nur menschlicher, sondern auch volkswirtschaftlich gesehen gescheiter, die Jugendlichen länger zu unterstützen, damit sie eine Ausbildung machen und später gute Jobs haben“, sagt Rebecca. Auch eine kostenlose Krankenversicherung sowie eine Mietzinsbeihilfe würde Betroffene entlasten. „Im Prinzip“, sagt Julia, „möchten wir nur die gleichen Chancen wie andere Jugendliche auch.“
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