"Gefährdetes Welterbe": Wien bleibt auf roter Liste der UNESCO
Am Wiener Heumarkt gibt sich die Weltelite des Beachvolleyball gerade bei brütender Hitze ein Stelldichein. Schweißperlen auf der Stirn dürfte es auch beim Heumarkt-Projektbetreiber Wertinvest und der Stadt Wien geben angesichts der jüngsten Post aus Paris.
Denn am Mittwochabend wurde die sogenannte „Draft Decision“, also der Entscheidungsentwurf für die bevorstehende Sitzung des Welterbekomitees im indischen Neu-Delhi (21. bis 31. Juli), publiziert.
Heumarkt soll weiter redimensioniert werden
Laut diesem Text, der dem KURIER vorliegt und der die maßgebliche Grundlage für die Entscheidung des Welterbekomitees ist, bleibt „Wiens historisches Zentrum“ weiterhin auf der „roten Liste“ der gefährdeten Welterbestätten und wird damit ein weiteres Jahr verlängert. Konkret verlangt die UNESCO eine weitere Redimensionierung des Hochhausprojekts am Heumarkt, dessentwegen Wien 2017 auf diese Liste gesetzt wurde.
„Das Welterbekomitee beschließt, das historische Zentrum von Wien (Österreich) in der Liste des gefährdeten Welterbes zu belassen“, heißt es unter Punkt 13 der „Draft Decision“. Gleichzeitig wird Wien bis 1. Februar 2025 eine Frist für einen weiteren aktualisierten Bericht über den Erhaltungszustand des Welterbes eingeräumt, wo es vor allem um den Heumarkt gehen soll.
Ernsthafte Anstrengungen
Die UNESCO-Experten räumen zwar ein, dass es in der Vergangenheit durchaus ernsthafte Anstrengungen bei der Umplanung des ursprünglichen Entwurfs gegeben hätte, allerdings seien laut dem Bericht „weitere Planungsänderungen vorzunehmen“.
Laut dem Bericht habe eine hochrangig besetzte Expertenkommission, die im März in Wien war („Advisory Mission“), vier konkrete Gestaltungsvorschlage für ein Welterbe-kompatibles Heumarkt-Projekt unterbreitet. Demnach würde die maximale Höhe des künftigen Hotelgebäudes die gleiche Höhe wie das derzeitige Hotel Intercontinental (rund 38 Meter) aufweisen; das dazu im rechten Winkel geplante Wohngebäude („Wohnscheibe“) wiederum sollte „deutlich niedriger“ sein als das Intercontinental jetzt.
Michaelerplatz kein Thema
Demgegenüber steht laut dem Bericht eine der Öffentlichkeit bisher nicht bekannte weitere Überarbeitung des Heumarkt-Projekts vom April 2024: Darin wird das Wohngebäude zwar auf 44 Meter gekürzt, unverändert bliebe jedoch der Hotelturm mit 48 Metern, zudem sei „die horizontale Ausdehnung (…) ebenfalls größer als die des derzeitigen Gebäudes“, kritisiert die UNESCO. Fazit der Welterbehüter: „Infolgedessen erfüllt der letzte Vorschlag immer noch nicht den Anforderungen.“
Der Umbau des Wiener Heumarkt-Areals (mit Hotel Intercontinental und Eislaufverein) an der Grenze zwischen 1. und 3. Bezirk beschäftig die Öffentlichkeit seit 2012: Ursprünglich sollte ein Luxus-Wohnturm aus der Feder des brasilianischen Architekten Isay Weinfeld 74 Meter hoch werden.
Nach massiver Kritik wegen der Lage in der Welterbe-Kernzone wurden die Höhen sukzessive reduziert. Gemäß Flächenwidmung von 2017 dürfte der Turm 66 Meter hoch werden. Im Vorjahr wurde das Projekt Heumarkt-Neu präsentiert mit Bauhöhen von maximal 56,5 bzw. 47,85 Metern. Nach der Zusage, zwei weitere Geschoße wegzunehmen, empfahl UNESCO-Gutachter Michael Kloos im Frühjahr: Der Wohnturm möge auf 44 Meter, der Hotelturm auf 42 Meter limitiert werden.
„Wiens historisches Zentrum“ bekam 2001 das Prädikat Unesco-Weltkulturerbe verliehen. Danach gab es bei einigen Bauprojekten – Wien-Mitte und Hauptbahnhof – immer wieder Probleme mit den Welterbe-Hütern. Seit 2017 befindet sich Wien wegen des Heumarkt-Projekts auf der Liste der gefährdeten Welterbestätten. Auch beim Schloss Schönbrunn, seit 1996 Weltkulturerbe, kam es schon zu Interventionen aus Paris (Komet-Gründe, Fiat-Gründe).
Während die Umgestaltung des Michaelerplatzes keinen Niederschlag im neuesten UNESCO-Bericht gefunden hat, verlangt die UN-Organisation übrigens auch zu anderen Themen Aufklärung: Etwa zum geplanten Besucherzentrum beim Oberen Belvedere und beim Hotel-Umbau des Palais Schwarzenberg.
Kritik aus der Inneren Stadt
Kritik ließ nicht lange auf sich warten. „Wir müssen runter von der Roten Liste", sagte Markus Figl, Bezirksvorsteher aus der Inneren Stadt (ÖVP). "Daher fordere ich die Stadtregierung erneut dazu auf, alles zu tun, um den Welterbe-Status zu erhalten.“
Gerade für die Innenstadt sei das Weltkulturerbe von großer Bedeutung, so Figl. In dem Bezirk gäbe es einen hohen Nutzungsdrucks, der Welterbestatus hätte sich als hilfreich erwiesen, das historische Stadtbild zu schützen.
"Die Stadt hat in den letzten Monaten nur beschwichtigt und sich im Nichtstun geübt", findet ÖVP-Planungssprecherin Elisabeth Olischar. "Nun ist eingetreten, worauf wir stets hingewiesen haben: Die Maßnahmen, die von der Stadt Wien gesetzt wurden, sind ungenügend um das Weltkulturerbe zu retten“.
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