"Weil das gut für mich ist": Warum 2.500 Schüler im Sommer in die Schule gehen

Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr in der Klasse von Lehrerin Agnes Unterbrunner. Er spricht sich für verpflichtende Sommerdeutschkurse aus.
Erstmals werden in Wien zweiwöchige Kurse angeboten, in denen Kinder ihr Deutschniveau verbessern können. Am Freitag war Vizebürgermeister Wiederkehr zu Besuch.

"Sehr schlaue Kerlchen, manchmal auch ein bisschen frech“, seien die Buben in der ersten Reihe, sagt die Lehrerin und lacht. Die Burschen tratschen und scherzen – bis plötzlich der Vizebürgermeister vor ihnen steht: Deutsch lernen sie gerade, und ja, Fußball spielen sie gerne, antworten sie artig und etwas eingeschüchtert.

Ein Freitag in den Sommerferien, die Sonne scheint – aber die Klassen im Bildungscampus Sonnwendviertel in Favoriten sind gut besucht. Erstmals finden hier Sommer-Deutschkurse statt: In zweiwöchigen Kursen sollen Kinder aus Volksschulen, Mittelschulen oder aus der AHS-Unterstufe hier ihr Deutschniveau verbessern. Am Freitag war der für Integration zuständige Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (Neos) zu Gast, um mit Lehrern und Schülern zu sprechen.

"Auf spielerische Art"

Auf den Tischen vor den Kindern liegen Kopien mit lachenden, traurigen oder schwitzenden Smileys. Auf der Tafel steht: „Ich bin wütend“ oder „Ich bin verliebt“. „Ich möchte ihnen auf spielerische Art die richtigen Ausdrücke für Gefühle beibringen“, erklärt Lehrerin Agnes Unterbrunner. Strenge Korrekturen mit Rotstift gibt es im Sommerkurs nicht: „Sie sollen Selbstvertrauen in der deutschen Sprache gewinnen und sich unterhalten können.“ Nach wenigen Minuten tauen die Kinder auf. Sie sind acht und neun Jahre alt, stammen aus der Ukraine, Syrien, Serbien, Indien. „Ur gern“ gehen sie schwimmen, erzählen sie dann dem Vizebürgermeister begeistert. Und dass die Sommerschule Spaß macht.

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"Weil das gut für mich ist": Warum 2.500 Schüler im Sommer in die Schule gehen

Vlad, Nazar, Ira und Rua (v. li.) im  Pausenhof.

Teilnahme kostet nichts

„Ich halte es für sinnvoll, dass die Kinder im Sommer Deutsch lernen“, sagt Wiederkehr. An fünf Standorten in Wien werden die kostenlosen Kurse angeboten. Für die 2.760 Kursplätze gab es 2.538 Anmeldungen. „Ein großer Erfolg. Wir werden das im nächsten Jahr wieder anbieten“, fügt er hinzu. Schüler, die teilgenommen haben, können im Herbst zum Deutschtest antreten: Schneiden sie gut ab, müssen sie nicht mehr in eine eigene Deutschförderklasse gehen.

Wiederkehr tritt übrigens für verpflichtende Sommerdeutschkurse ein: „Denn ohne Sprachkenntnisse wird es mit dem Bildungserfolg schwierig.“ Dazu brauche es aber die gesetzlichen Rahmenbedingungen der Bundesregierung.

"Lernen ist wichtig"

Im Pausenhof treffen wir Vlad, Nazar und Ira aus der Ukraine. Die Lehrer seien nett, die Kurse machen Spaß, sind sie sich einig. Nazar fragt, ob Wiederkehr der Bürgermeister ist. Das Wort „Vize“ kennt er noch nicht, daher erklären wir es ihm mit „zweiter“ Bürgermeister. „Und warum ist nicht der Erste zu uns gekommen?“, sagt er und lacht. Als er hört, dass Wiederkehr für Integration zuständig ist, nickt er und sagt: „Deutschlernen ist wichtig.“

Dann gesellt sich Rua aus Syrien hinzu: „Mein Vater hat mich gefragt, wieso ich den Kurs machen will“, erzählt sie. „Ich hab’ gesagt: ‚Weil das gut für mich ist.‘“ Ob es ihr gefällt? „Sicher, besser als Zuhause. Dort habe ich nur mein Handy. Hier hab’ ich am ersten Tag schon vier Freundinnen gefunden.“

Dass sie in den Ferien lernen müssen, stört sie alle nicht. Zwei Wochen sind okay, versichern die vier.

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