Was von der Causa Wien Energie bleibt

14 Sitzungen mit insgesamt etwas mehr als 100 Stunden, 32 Zeugen, 700 Seiten Wortprotokoll. Das sind die nüchternen Eckdaten der U-Kommission zur Causa Wien Energie, die mit der Befragung der letzten Zeugen am vergangenen Mittwoch nun in die Zielgerade biegt. Da kaum noch weitere Erkenntnisse zu erwarten sind, wird die Untersuchung auf Betreiben der ÖVP vorzeitig beendet.
Mit ihr hätte die politische Verantwortung hinter den Turbulenzen geklärt werden sollen, in die der städtische Energieversorger im Sommer 2022 geraten war: Wegen enormer Preisanstiege an den internationalen Märkten benötigte damals die Wien Energie vorübergehend von Stadt und Bund Finanzhilfen in Milliardenhöhe, um die Geschäfte an der Energiebörse noch besichern zu können.
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Im Fokus der Untersuchung: Hat Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) korrekt gehandelt, als er die (inzwischen wieder zurückbezahlten) zwei Mal 700 Millionen Euro an Darlehen für die Wien Energie freigab und im ersten Fall Gemeinderat, Stadtsenat und Öffentlichkeit über Wochen nicht darüber informierte?
Trotz aller Bemühungen ist es der Opposition nicht gelungen, Ludwig zweifelsfrei fehlerhaftes Verhalten nachzuweisen. Obwohl die U-Kommission durchaus Ungereimtheiten zutage brachte: Im September 2022 hatte Ludwig im Gemeinderat betont, erst am 15. Juli mit der Vorlage des Akts zum ersten Darlehen im Detail über die Kalamitäten der Wien Energie erfahren zu haben.
Die Untersuchung ergab aber, dass er schon am 8. Juli zumindest rudimentär informiert war. Womit die Frage verknüpft ist, wie dringlich das Einschreiten des Bürgermeisters tatsächlich war.
Unwahrheit gesagt?
„Ludwig hat im September 2022 die Unwahrheit gesagt“, ist ÖVP-Klubobmann Markus Wölbitsch überzeugt.
Es war dieses Detail, um das sich die U-Kommission über Monate drehte. Aber nicht, so Wölbitsch, weil es sonst nichts aufzuklären gegeben hätte. Tiefere Einblicke seien jedoch an der Stadtverwaltung gescheitert, die sich immer wieder weigerte, die als Beweismittel angeforderten Dokumente herbeizuschaffen. Lediglich bei 25 von 96 Beweisanträgen wurden der U-Kommission Unterlagen zur Verfügung gestellt, rechnet Wölbitsch vor. „Nicht einmal der elektronische Akt wurde vollständig geliefert.“

In diesem Fall keine rein parteipolitisch motivierte Kritik. Denn auch die Vorsitzenden machten wiederholt ihrem Unmut über die mangelnde Kooperation der Behörden bei den Aktenlieferungen Luft: „Das Bild, das das in der Öffentlichkeit abgibt, ist verheerend“, entrüstete sich etwa die zweite Vizevorsitzende Regine Jesionek.
Reform
„Das Recht gilt auch für die Vorsitzenden“, kontert SPÖ-Fraktionsführer Thomas Reindl. Im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten seien alle Akten geliefert worden. Interne Unterlagen eines am Markt agierenden Unternehmens wie der Wien Energie öffentlich zu diskutieren, sei hingegen nicht möglich. Anders als Wölbitsch sieht er daher keinen Bedarf, die U-Kommission dahingehend zu reformieren, dass – analog zum U-Ausschuss im Bund – die Herausgabe von Akten erzwungen werden kann.
Diskutieren könne man laut Reindl aber über eine Verbesserung der Kommunikation im Rathaus. Wegen der Sommerpause hatte es eineinhalb Monate gedauert, bis der zuständige Ausschuss über die erste Notkompetenz informiert wurde. „Es ist daher zu überlegen, wie die Stadträte in sitzungsfreien Zeiten besondere Vorfälle kommunizieren“, sagt der SPÖ-Gemeinderat.
Ludwig habe jedenfalls nicht die Unwahrheit gesagt, betont er: „Am 8. Juli war noch nicht klar, dass eine Notkompetenz nötig ist. Details hat er erst später erfahren.“
Wölbitsch fordert mehr externe Fachleute für den Aufsichtsrat von Wien Energie und Stadtwerken, um die Kontrolle zu stärken. Ob es dazu kommt, ist ungewiss. Laut Reindl sei aber die MA 5 (Finanzen) beauftragt, das Beteiligungsmanagement zu analysieren. „Und ich nehme an“, betont er, „dass auch bei den Stadtwerken und der Wien Energie darüber nachgedacht wird, wie man künftig mit einer derartigen Extremsituation umgeht.“
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