Kurz, nachdem 1891 der erste Wiener Skiverein entstand, bildete sich 1896 das "Alpine Rettungscomite Wien", das nur ein Jahr später zum "Alpinen Rettungsausschuß Wien" wurde. Zwar waren bereits damals nicht zuletzt die Hausberge im Süden, also die Rax und der Schneeberg, Einsatzgebiete der frühen Alpin-Einsatzkräfte, doch auch die zunehmende Popularität des Wintersports im Wienerwald erforderte ihre Präsenz vor Ort.
Dafür, warum der Vorläufer der Bergrettung ausgerechnet in Wien und nicht in Tirol oder Kärnten gegründet wurde, hat Bichler eine einfache Erklärung: "Vor der Jahrhundertwende sind die Leute, die zum Spaß in die Berge gegangen sind, alle aus Großstädten gekommen", erzählt er. Die Menschen am Land hatten keine Zeit dafür; sie gingen in die Berge, wenn sie mussten.
Doch zurück zum Wintersport. Nachdem dieser auch im Wienerwald bis in die dreißiger Jahre immer mehr Fahrt aufnahm, schlossen sich 1933 mehrere Organisationen - darunter der Rettungsausschuß - zur Arbeitsgemeinschaft für den Wintersportunfalldienst (WUD) zusammen, aus dem nach dem Zweiten Weltkrieg die heutige Bergrettung hervorging.
Ski-Boom
Und Ski gefahren wurde damals an vielen Orten des Wienerwalds. Neben der Hohe-Wand-Wiese, auf der bis 2016 der einzige Skilift Wiens in Betrieb war, waren etwa auch die Himmelhofwiese, die Norwegerwiese und die Gaisbergwiese beliebte Ziele. Insgesamt betrieb der WUD Ende der dreißiger Jahre unglaubliche 68 Stützpunkte im Wienerwald - und das nicht ohne Grund.
In einer Jubiläumsschrift des WUD aus den dem Jahr 1973 wird etwa ein "Katastrophensonntag" im Jänner 1949 beschrieben, an dem "aus nicht geklärten Gründen" mehr als 300 Wintersportler in die Wiener Krankenhäuser eingeliefert werden mussten.
Der Stützpunkt auf der Rosskopfwiese entstand erst viel später, in den sechziger Jahren, als der Höhepunkt des lokalen Skitourismus eigentlich bereits überschritten war. Doch: "Offenbar war die Rosskopfwiese so eine begehrte Skiwiese, dass man gesagt hat, da brauchen wir einen Stützpunkt und die Hütte angeschafft hat", sagt Bichler. Mitte der neunziger Jahre wurde die alte Holzhütte dann durch den bis heute bestehenden Bau ersetzt.
Verlassen
Weil Skifahrer im Wienerwald mittlerweile eher selten anzutreffen sind, dient die Hütte aber nur mehr als Lager für etwas Erste-Hilfe-Material und ein- bis zweimal im Jahr als Basis für Übungen. Das heißt aber nicht, dass die rund 80 Mitglieder der Wiener Bergrettung nichts mehr zu tun haben - ihr Einsatzgebiet liegt heute nur weiter südlich, am Schneeberg.
Auf 1.561 Metern liegt dort unterhalb der Schauersteinflanke die 1937 errichtete Heinrich-Krempel-Hütte. Im Winter, wenn die Zahnradbahn ihre Betrieb eingestellt hat und alle anderen Schutzhütten geschlossen haben, ist sie der einzig besetzte Stützpunkt am Hochschneeberg.
Sucheinsätze
Etwa drei bis vier Wochenenden pro Saison versieht dort jeder Wiener Bergretter Dienst, geht mit den Ski auf Streife und erteilt auch schon einmal telefonisch Wetterauskünfte. Tatsächliche Rettungseinsätze sind zum Glück durch besseres Material und auch bessere Technik der Wintersportler selten geworden: drei bis vier pro Jahr sind es, schätzt Bichler. Hauptsächlich handelt es sich um Sucheinsätze nach verirrten Sportlern, die das teils schnell umschlagende Wetter am Schneeberg unterschätzt haben.
Im Wienerwald ist die Zeit der großen Einsätze für die Wiener Bergrettung jedoch schon lange vorbei. Nicht einmal ein Einsatz pro Jahr kommt im Schnitt zusammen, sagt Bichler. Doch wer das nächste Mal über die Rosskopfwiese wandert, kann ja einmal versuchen, sich vorzustellen, wie es dort in den wilden Jahren zur Mitte des vorigen Jahrhunderts ausgesehen haben mag.
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