Wiener Pflegeheim: Virus-Mutation kam wahrscheinlich mit einem Mitarbeiter

Wiener Pflegeheim: Virus-Mutation kam wahrscheinlich mit einem Mitarbeiter
Nach dem Cluster in einem Wiener Pflegeheim läuft die Spurensuche. Mängel wurden keine festgestellt.

42 von 101. So viele Menschen haben sich, wie berichtet, binnen weniger Tage in einem Pflegewohnheim der Caritas in Wien mit Corona infiziert. Am Tag des Bekanntwerdens gibt es eigentlich nur eine Frage, die zu klären mehr als drängt: Wie konnte das Virus bei all den strengen Regeln überhaupt noch ins Pflegeheim kommen – und sich dort binnen kurzer Zeit so viele Menschen anstecken?

Besonders kritisch ist die Situation nämlich deshalb, weil es sich – wie ebenfalls berichtet – bei den Infektionen um solche mit der britischen Coronavirus-Mutation B.1.1.7 handeln dürfte. Die Sequenzierung, also die genaue Untersuchung der Proben, läuft noch und soll laut AGES Anfang nächster Woche abgeschlossen sein.

Auf den ersten Blick ist die eingangs gestellte Frage einfach zu beantworten. Das Virus ins Haus gebracht haben entweder Besucher oder das Personal.

Ganz so einfach ist die Antwort aber dann doch nicht.

Denn laut derzeit geltender Verordnung des Gesundheitsministeriums müssen alle, die jemanden in einem Pflege- oder Seniorenheim besuchen wollen, einen negativen, maximal 48 Stunden alten Antigentest vorweisen können und beim Besuch eine FFP2-Maske tragen. Jeder Bewohner darf nur ein Mal pro Woche Besuch von einer Person empfangen.

Keine Mängel

Im Falle des Wiener Caritasheims galten sogar strengere Regeln. Besucher, denen ein Besuch in der Teststraße unzumutbar ist, wurden vor Ort getestet. Das Tragen einer FFP2-Maske war für die Dauer des Besuchs schon verpflichtend, als das Gesundheitsministerium noch entweder Test oder Maske verlangte.

Bleibt also das Personal.

Das wird in dem Caritas-Heim nicht – wie vom Bund vorgesehen – zwei Mal wöchentlich per Antigen-Schnelltest geprüft, sondern zwei Mal wöchentlich mittels PCR-Test. Nach dem Ausbruch eines Clusters im Frühjahr mit sechs Toten ist man vorsichtig geworden.

Die Stadt Wien hat das Präventionskonzept des Wohnhauses überprüft – und für gut befunden. Und es hat ein sogenanntes epidemiologisches Kriseninterventionsteam geschickt. Doch auch das hat keine Mängel festgestellt. Wo also liegt das Problem, wenn laut den Behörden alles vorbildlich verlaufen ist? „Dieser Fall zeigt uns die Schwächen des Testens auf“, heißt es aus dem Büro von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ). Stichwort: Restrisiko.

Wahrscheinlich war es jemand vom Personal, der das Virus „eingetragen“ hat, wie das in der Fachwelt genannt wird. Ganz genau wird man das vielleicht nie feststellen können. Und ganz verhindern werde man das auch nicht können, heißt es.

Kein Besuchsverbot

Welche Konsequenz ist also aus dem Fall zu ziehen?

Da gibt es praktisch nur eine: Ein komplettes Besuchsverbot in den Pflege- und Seniorenheimen. Alle anderen Maßnahmen würden die Bewegungsfreiheit von Bewohnern und Personal einschränken. Über das Caritasheim hat die Behörde ein Besuchs- und Aufnahmeverbot verhängt. Für alle anderen Pflege- und Seniorenwohnhäuser ist das nicht angedacht. „Das gibt die Situation nicht her“, sagt ein Sprecher von Stadtrat Hacker.

Konkret waren in Wien per Stichtag 12. Jänner 366 Personen von insgesamt 17.000 Menschen in Pflegewohnhäusern corona-positiv. Österreichweit beläuft sich die Zahl an positiven Corona-Fällen in den Alten- und Pflegeheimen an diesem Tag auf 1.583.

Wie viele Proben derzeit auf Virus-Mutationen untersucht werden, konnte die AGES nicht beantworten.

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