Vergabeverfahren für umstrittene Wiener Stadtstraße beginnt

Vergabeverfahren für umstrittene Wiener Stadtstraße beginnt
Rot-Pink bringt vierspuriges Projekt in der Donaustadt auf die Zielgerade. Früherer grüner Koalitionspartner übt Kritik.

Die umstrittene Stadtstraße in der Donaustadt nimmt immer konkretere Formen an. Mit dem entsprechenden Beschluss im zuständigen Gemeinderatsausschuss kann nun das Vergabeverfahren für den Abschnitt von der Südosttangente A23 bis zur Seestadt Aspern beginnen. Während die Neos als neuer Koalitionspartner der SPÖ die Entscheidung widerwillig mittragen, kommt Kritik von den Grünen.

Neu ist das Projekt Stadtstraße freilich nicht. Bereits 2018 hatte die damals rot-grüne Stadtregierung das Projekt, das die Ortskerne von Hirschstetten, Stadlau und Breitenlee entlasten soll, bewilligt. Gebaut werden dürfte es ab Ende 2021, mit der Verkehrsfreigabe ist ab Ende 2025 zu rechnen. Kosten wird die vierspurige Stadtstraße rund 435 Millionen Euro.

Einspruch beim Verwaltungsgerichtshof

Zwar sollen Wohnbereiche im Zuge des Bauprojekts weitgehend untertunnelt werden – um mehr Frei- und Grünflächen an der Oberfläche zu schaffen, wie es bei der SPÖ heißt. Umweltschutzorganisationen und Bürgerinitiativen befürchten aber Feinstaub- und Lärmbelastungen für die Anrainer entlang der Trasse – und erhoben deshalb Einspruch gegen die erstinstanzliche Bewilligung. Ohne Erfolg. Wie berichtet, bestätigte das Bundesverwaltungsgericht heuer im Sommer den positiven Baubescheid.

Aufgeben wollen die Projektgegner dennoch nicht. Man habe bereits Revision beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH) eingebracht, sagt Wolfgang Rehm von der Umweltorganisation VIRUS. Diese hat allerdings keine aufschiebende Wirkung.

Und auch hinsichtlich der Bedeutung des aktuellen Beschlusses im Rathaus gehen die Meinungen auseinander.

Keine Funktion ohne Spange Aspern

Während sich etwa der Donaustädter SPÖ-Bezirkschef Ernst Nevrivy über „die Entlastung der Ortskerne“ sowie die „Stärkung des Wirtschaftsstandortes“ freut und darüber hinaus eine Verringerung des Durchzugsverkehrs entlang der Erzherzog-Karl-Straße und der Groß-Enzersdorfer Straße erwartet, bleiben die Projektkritiker relativ gelassen.

Die Stadtstraße ist nämlich so konzipiert, dass sie verkehrstechnisch nur in Kombination mit der Spange Aspern funktioniert – die die Seestadt künftig an den ebenfalls umstrittenen S1-Abschnitt zwischen Schwechat und Süßenbrunn („Nordostumfahrung“) inklusive Lobautunnel anbinden soll.

„Und für diese Spange gibt es noch nicht einmal alle Genehmigungen“, betont Rehm. Auf Wiener Seite ist etwa noch das erstinstanzliche Naturschutzverfahren im Gange.

Empört sind jedenfalls die Grünen.

Grüne gegen Neos

„Rot-Pink startet mit einer Betonkoalition“, meint die grüne Verkehrssprecherin Heidi Sequenz. „SPÖ und Neos zementieren eine Quasi-Autobahn mit nur einer Ampel und ohne Querungen in die Stadt.“ Das Projekt sei deutlich überdimensioniert.

Was sie nicht dazu sagt: Die Stadtstraße wurde zu Zeiten der rot-grünen Stadtregierung konzipiert. Und Verkehrsberuhigungen, die die Grünen noch unter Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou herausverhandelten, wurden nie in Angriff genommen.

Auch die Neos, die in der Vergangenheit immer für lokale Ortsumfahrungen in der Donaustadt und für eine Stärkung des öffentlichen Verkehrs plädierten, verweisen auf die rot-grüne Historie des Projekts. Man würde andere Maßnahmen bevorzugen, die Stadtstraße sei aber von den Wiener Grünen 2014 mit auf den Weg gebracht worden und nun auf Schiene, sagt Klubvorsitzende Bettina Emmerling.

Beim mit Stadtstraße und Spange Aspern verbundenen S1-Abschnitt inklusive Lobautunnel sind nach Beschwerden von Projektgegnern, wie berichtet, aktuell die Gerichte am Zug. Der von der Asfinag angestrebte Baubeginn 2021 wackelt.

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