Sie müssen jede Hütte auseinandernehmen. Zuerst die Dächer, dann die Seitenwände, dann folgt der Boden.
115 Hütten wurden im Oktober aufgebaut, wegen des Schneefalls wird es bis Freitag, vielleicht sogar bis Samstagvormittag dauern, bis der Rathausplatz wieder leer geräumt ist. Zumindest, dass es um 40 Hütten weniger sind als in einem „normalen Jahr“, könnte die Arbeiter tröstlich stimmen.
Für die Veranstalter bedeutet die Absage der Märkte, dass die Arbeit eines ganzes Jahres zunichtegemacht ist. „Natürlich ist es schwierig“, sagt Akan Keskin, Obmann des Vereins zur Förderung des Marktwesens, der den Christkindlmarkt auf dem Rathausplatz veranstaltet. „Aber Gesundheit geht vor.“
Das umfassende Präventionskonzept, das die Veranstalter sämtlicher Christkindlmärkte in Wien gemeinsam mit den Umweltmedizinern Hans-Peter Hutter und Hanns Moshammer erarbeitet hatten, wäre bei täglichen Neu-Infektionszahlen von 600 bis 1.000 pro Tag umsetzbar gewesen, sagt Keskin. 3.000 oder mehr Neuinfektionen – wie aktuell –, das hätte Keskin nicht verantworten wollen.
Wie hoch der finanzielle Schaden ist, kann er noch nicht beziffern. Auch Gabriela Schmidle, Geschäftsführerin der MTS Schönbrunn GmbH, die jedes Jahr den Weihnachtsmarkt vor dem Schloss ausrichtet, weiß das noch nicht. Jedenfalls hängen aber nicht nur die Veranstalter dran, sondern auch die Zulieferer, die Musiker, die die Adventkonzerte gespielt hätten – und allen voran die Standler.
Während die Betreiber der Gastro- und Handelsstände zumindest den für ihre Branche geltenden Umsatzersatz beantragen können, ist bei den Kunsthandwerkern noch nicht klar, wie das funktionieren soll. Denn Kunsthandwerk wurde noch nicht in die sogenannte Önace-Liste aufgenommen; das ist jene Liste, die die Wirtschaftstätigkeiten von Betrieben festschreibt.
Mit dem Önace-Code, den jeder klassifizierte Betrieb bekommt, kann auch um Förderungen angesucht werden. Bisher war das Kunsthandwerkern so nicht möglich. Bei vielen ist der Ausfall der Weihnachtsmärkte existenzbedrohend.
Mit dem Aus für die Weihnachtsmärkte ist es aber jedenfalls noch nicht getan. Denn mit den neuen Regelungen schiebt die Regierung auch jenem Treiben einen Riegel vor, das sich zuletzt in der Wiener Innenstadt oder an der Alten Donau abgespielt hat: Zusammenkünfte bei einzelnen Punschständen.
Bisher war es den Gastronomiebetrieben erlaubt, Punsch oder Glühwein zum Mitnehmen auszuschenken. Die Gäste waren lediglich angehalten, diesen mit mindestens 50 Meter Abstand zum Betrieb zu konsumieren – und sich nicht in Gruppen zusammenzustellen. Weil sich viele genau daran nicht gehalten haben, ist der Punsch to go jetzt gänzlich gestorben.
Ab Montag, 7. Dezember, ist „der Verkauf von offenen alkoholischen Getränken“ – wie es auf der Website des Gesundheitsministeriums wörtlich heißt – verboten. Das heißt, auch einzelne Stände müssen wieder schließen.
Die Veranstalter der Christkindlmärkte auf dem Rathausplatz und vor dem Schloss Schönbrunn konzentrieren sich nun auf nächstes Jahr. „Nach der Veranstaltung ist vor der Veranstaltung“, sagt Gabriela Schmidle. Dass der Weihnachtsmarkt vor dem Schloss heuer nicht stattfinden kann, sei schon „ein bisschen traurig“, sagt Schmidle.
Der Ehrenhof in Schönbrunn bleibt heuer zum ersten Mal seit 1994 leer.
Zumindest die Christbäume leuchten da wie dort.
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