Überfall: Teure "AirPods" locken Straßenräuber an
Mit ausgeschlagenen Zähnen und Tritten, als er schon am Boden lag, endete im Oktober der Heimweg eines 15-Jährigen in Wien-Liesing. All das, weil eine Gruppe im Alter von 13 bis 15 Jahren es auf dessen Kopfhörer abgesehen hatte. Mitte November kam es in der Lerchenfelder Straße in Wien-Josefstadt zu einem ähnlichen Fall.
Wieder waren es Jugendliche, die das Opfer diesmal sogar mit einem Messer bedrohten. Und auch aktuell fahndet die Wiener Polizei nach zwei jungen Männern (siehe Foto), die verdächtigt werden, auf gewaltsame Art Kopfhörer geraubt zu haben.
Während es in Summe zu früh sei, um von einem Trend zu sprechen, merkt auch die Polizei an, dass es sich nicht lediglich um eine Reihe von Zufällen handelt. Grund für die Häufung könne sein, dass viele neuere Kopfhörermodelle sehr teuer seien. Dazu komme, dass man Kopfhörer – im Gegensatz zu kostspieligen Smartphones – auf den ersten Blick sehe. Die Beute und deren Wert stehe also schon im Vorhinein fest.
Polizeisprecher Paul Eidenberger betont dennoch, dass es sich bei diesen Fällen in der Regel um keine Form des organisierten Verbrechens handelt. „Für uns fällt das unter klassische Klein- und Straßenkriminalität. Da sehen Jugendliche andere Jugendliche mit ,AirPods’ und denken sich, die will ich haben.“ Im Gesetzestext sei bei solchen Taten die Rede von der „Befriedigung eines Gelüstes“. „Das sind ja oft noch fast Kinder. Die sehen etwas und nehmen es sich einfach“, sagt Eidenberger.
Brutale Überfälle
Nikolaus Tsekas von der Resozialisierungshilfe Neustart, die straffällig gewordene Jugendliche betreut, erklärt, dass diese Jugendlichen oft den Wunsch hätten, auch dazugehören zu wollen. Es gehe ihnen einerseits um die Statussymbole, dazu komme dann eine blöde Idee und Gruppendynamik sowie eine gewünschte Machtumkehr. Die Jugendlichen würden sich sonst in der Gesellschaft ohnmächtig fühlen und wenige Perspektiven am Arbeitsmarkt haben. Unter den Tätern sind oft Jugendliche mit Migrationshintergrund, das liege laut Tsekas an deren sozialer Position. „Wir haben kein Ausländerproblem, sondern ein Ungleichheitsproblem“, sagt er.
Angesprochen auf die Brutalität der Überfälle erklärt Eidenberger, dass nur selten ein „Mastermind“ im Hintergrund agiere, die Gruppen sich aber natürlich Dinge voneinander abschauen würden. Tsekas glaubt nicht, dass die Gewalt das eigentliche Ziel sei: „Das läuft dann oft aus dem Ruder.“
Prävention
Ein Raub ist ein Diebstahl, bei dem Gewalt angewendet wird. Das Bundeskriminalamt rät, dunkle und abgelegene Straßen zu meiden. Handtaschen sollten eingeklemmt unterm Arm und Geldtaschen in Innen-, Brust- oder Bauchtaschen getragen werden.
Bargeld
Straßenräuber haben es oft auf Bargeld abgesehen. Man sollte beim Abheben aufpassen, nicht beobachtet zu werden und nur wenig Geld mit sich führen. Oft lassen sich Täter von ihrem Vorhaben abhalten, wenn sie sich beobachtet fühlen: Behalten Sie Ihre Umgebung im Auge.
Meistens erwischt die Polizei die jungen Täter dann recht schnell, weil diese in ihrem Grätzel ohnehin bekannt seien. Immer wieder komme es sogar zu Fällen, bei denen sich Opfer und Täter aus der Schule kennen.
„Man darf diese Fälle nicht bagatellisieren und der Staat muss reagieren, aber die Strafen sind bei Raubüberfällen sehr hoch“, sagt Tsekas. Oft würden die Jugendlichen im Gefängnis landen. Dort würden sie sich aber nicht bessern, sondern erst recht mit Kriminellen in Kontakt kommen.
Individuell abgestimmte Strafen, ein Tatausgleich, um sich mit dem Opfer auseinanderzusetzen und Anti-Gewalt-Trainings würden mehr bringen, sagt Tsekas: „Wir haben dabei großen Erfolg“, sagt er.
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