Twitter-Eklat: "Gelbe Plakate diskriminieren Menschen mit Behinderung"

Auf Twitter werden die umstrittenen Plakatsujets geteilt und kommentiert.
"Mit einer Behinderung wirst du nicht gebraucht" steht auf gelben Plakaten in Wien. Das sorgt für Polemik auf Twitter.

Werbung muss auffallen. Aber um jeden Preis? Aktuell sorgen gelbe Plakate in der Stadt für Polemik. 

„Mit einer Behinderung wirst du nicht gebraucht“ lautet etwa die großflächige Aufschrift auf den Plakaten, die sich unter anderem in den Wartebereichen der öffentlichen Verkehrsmittel zu finden sind. Dabei soll es sich um eine absichtlich provokante Teaser-Kampagne handeln, deren "Auflösung" demnächst folgen soll.

Für einige Beobachter ist die Kampagne unerträglich. Eine Twitter-Userin schreibt etwa: "Jeden Tag lesen Menschen mit Behinderung, sie würden nicht gebraucht und werden dadurch retraumatisiert, verletzt, herangesetzt und gedemütigt." 

Kein Hausverstand

"Kein Wunder, dass der Hausverstand nicht mehr beim Billa ist", schreibt ein anderer User. Hinter den Plakaten gab sich ebenso per Twitter der Supermarkt zu erkennen. Die Erklärung folgte prompt: "Die Irritation wird aufgelöst, indem auf Plakaten Mitarbeiter:innen stehen & diese Vorurteile entkräften", heißt es dazu von Seiten des Supermarktes. 

Doch den Twitter-User reicht das nicht. Es sei "ekelhaft" und "diskriminierend". Eine Entschuldigung sei angebracht, lautet die Forderung von vielen. An manchen Stellen der Stadt wurden die Plakate sogar verklebt, damit die Botschaft zu einer neuen Botschaft wurde: "Mit einer Behinderung wirst du gebraucht". Ähnliche Plakate soll es in Bezug auf Schwangere und ältere Menschen geben.

Am Dienstag schließt sich auch Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) der Kritik von Behindertenorganisationen an der neuen Werbekampagne an. Er stelle sich mit aller Deutlichkeit gegen diese diskriminierende, verletzende und potenziell retraumatisierende Werbung, betonte er via Twitter.

Aus für Kampagne gefordert

"Es ist nicht im Sinne einer inklusiven, diversen Gesellschaft auf diese Art und Weise Aufmerksamkeit zu erregen. Wir brauchen noch viel mehr Sensibilisierungsarbeit in Österreich, damit so etwas nicht passiert. In diesem Sinne rufe ich die Urheber dieser Kampagne auf, besagte Sujets zeitnah zu entfernen“, forderte Mückstein ein Aus für die Kampagne.

"Diese Kampagne einer Supermarktkette provoziert auf Kosten eines Werbeeffektes derzeit auf eine widerliche Art und Weise Menschen mit Behinderung und deren Angehörige", empörte sich der FPÖ-Abgeordnete Norbert Hofer.

Als jemand, der die Hürden, aber auch die daraus resultierenden Chancen einer Behinderung persönlich kennt, empfiehlt der 3. Nationalratspräsident den Verantwortlichen, zum Beispiel einmal das Rehabilitationszentrum „Weißer Hof“ zu besuchen.

Kalkuliert widerliche Provokation

Behindertenorganisationen hatten sich am Montag gemeldet: So sprach das Beratungszentrum "Bizeps" von einer "kalkuliert widerlichen Provokation". Es gebe bereits Rückmeldungen von erbosten Menschen, hieß es. Bizeps-Vertreter Martin Ladstätter berichtete: "Angeblich sollen diese Werbeplakate noch bis 21. Oktober hängen und dann 'aufgelöst' werden."

Doch der Schaden, so warnte er, könnte bereits angerichtet worden sein: "Das, was Menschen ohnehin schon denken, wird bestätigt und brennt sich durch täglichen Sichtkontakt weiter ein. Keine Wendung kann so stark sein, um diese Aussagen zu neutralisieren."

Beschwerde beim Werberat

Bizeps hat laut eigenen Angaben unter anderem Beschwerde beim Österreichischen Werberat eingebracht. Man habe auch die Gewista gebeten, die die Kampagne im Auftrag des noch unbekannten Urhebers der Plakate durchführt, für eine raschere Auflösung zu sorgen.

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