Testament gefälscht: "Ich habe das als Kavaliersdelikt gesehen"

Testament gefälscht: "Ich habe das als Kavaliersdelikt gesehen"
Ein Graphologe bestätigte den Betrug. Vier Jahre Haft für ehemaligen Hausverwalter; nicht rechtskräftig.

Der 53-Jährige erscheint am Donnerstag im dunkelblauen Nadelstreif-Anzug. Sein Gesicht verdeckt er mit einer Mappe. Anwalt Oliver Scherbaum machte schon im Vorfeld der Verhandlung die Medienvertreter aufmerksam: "Nicht das Gesicht zeigen."

Der ehemalige Hausverwalter (der bereits schon einmal wegen Veruntreuung verurteilt worden ist) hat das Testament eines betagten und schwerkranken Wieners zu seinen Gunsten gefälscht. Das gibt der gebürtige Kärntner im Landesgericht für Strafsachen in Wien auch zu. Doch, so betont er gegenüber Richter Philipp Schnabel: "In mir ist das schlechte Gewissen hochgekommen, ob Sie es mir glauben, oder nicht."

Im Herbst 2022 ging der Angeklagte zu seinem Anwalt (der ihn auch heute vertritt) und bat ihn, das Testament des alten Herren ins Testamentsregister eintragen zu lassen. Ein halbes Jahr später starb der Dialyse-Patient im Alter von 82 Jahren, seine Verlassenschaftssache (es geht um 1,42 Millionen) landete vor dem Bezirksgericht Döbling. "Er war ein einsamer Mensch", beschreibt der Angeklagte den Verstorbenen, mit dem er eine Bekanntschaft pflegte. Doch schnell traten Zweifel am Testament zutage. Unter anderem wegen der drei Testamentszeugen, die darauf unterschrieben hatten. Es waren zwei Rumäninnen, die kaum bis gar kein Deutsch sprechen und eine ältere Dame.

Im neuen Testament jedenfalls war die Mutter des Angeklagten als Begünstigte eingetragen. In einem deutlich älteren war es der Schwager des Verstorbenen. Ein graphologischer Gutachter stellte schließlich fest, dass es sich bei dem "neuen Testament" um eine Fälschung handelte.

Der Angeklagte erstattete im August 2023 Selbstanzeige. "Menschen machen Fehler, sagt der Anwalt und sieht die Freiwilligkeit des Rücktritts erfüllt. Denn: Der Angeklagte hätte seinen Fehler eingesehen und den Betrug gar nicht durchziehen wollen. Also wäre er freizusprechen. Zum Zeitpunkt der Selbstanzeige sei der Angeklagte laut eigener Aussage "überzeugt gewesen, dass man mir noch nicht draufgekommen ist."

Als er die Fälschung der eigenen Mutter gebeichtet habe, sei "eine hitzige Debatte entstanden. Sie hat angefangen zu weinen. Aber ich habe sie beruhigt und ihr gesagt, dass ich schon daran arbeite, meinen Hals aus der Schlinge zu ziehen. Ich wusste, dass ich die Karten auf den Tisch legen muss", schildert der Kärntner. Und: "Ich will mich entschuldigen, ich habe das als Kavaliersdelikt gesehen. Das war falsch." Die Sache sei alleine auf seinen Mist gewachsen, die Testamentszeugen hätte er überredet.

Dass auch die beteiligten Frauen massive Probleme bekommen könnten, daran dachte er nicht. "Erst später hat er mit gesagt, wie es gewesen ist. Dass ich mir einen Rechtsanwalt suchen muss und es ihm leid tut. Ich habe kein Geld für die Unterschrift bekommen, ich kannte ihn nur schon sehr lange", schildert eine Rumänin, die mit Dolmetscherin befragt wird.

Die Urteilsberatung dauert nicht lange. Das Schöffengericht spricht den Mann schuldig und verurteilt ihn zu vier Jahren Haft. "Das war ganz eindeutig kein Rücktritt vom Versuch", stellt der Richter fest. "Ich möchte fast, sagen das ist geradezu absurd." Er attestiert dem Angeklagten eine hohe kriminelle Energie.

Anwalt Scherbaum meldet Nichtigkeit und Berufung an. Das Urteil ist somit nicht rechtskräftig.

Kommentare