Das dubiose Testament einer dementen Dame: Anwälte und Notar angeklagt

Das dubiose Testament einer dementen Dame: Anwälte und Notar angeklagt
Prozess: Die 95-jährige Wienerin war vermögend. Aber sie war auch schwer krank.

Anna V. war 95 Jahre alt, als sie starb. Die Wienerin war bettlägrig und dement. Verwandte hatte sie keine. Auch keine Freunde. Die alte Dame lebte zurückgezogen in ihrem Haus in Wien-Donaustadt. Was wenige wussten: Anna V. war vermögend. Sie hatte mehrere Liegenschaften in Wien. Ihr Erbe brachte nun fünf Männer vor das Landesgericht für Strafsachen in Wien - unter ihnen auch zwei Anwälte und einen Notar. Denn laut Staatsanwaltschaft ging es beim Testament der alten Damen nicht mit rechten Dingen zu.

Dass die Sache am Donnerstag vor einem Schöffensenat landet, hat nur einen Grund: Ein 41-Jähriger, der ebenfalls als Beschuldigter geführt wird, erstattete Selbstanzeige. Doch ausgerechnet er ist nicht zum Prozess erschienen, er dürfte sich in der Türkei aufhalten - und kein Interesse daran haben, verurteilt zu werden. Als Angeklagte sitzen also nur jene Männer da, die von ihm belastet wurden.

Der Gärtner

Allen voran der Gärtner der alten Dame. Und später der Alleinerbe ihres Vermögens. Der 60-Jährige bekennt sich nicht schuldig. Sprechen will er nicht. Das übernimmt sein Anwalt Alexander Philipp für ihn. "Mein Mandant und seine Frau haben die Dame viele Jahre lang betreut, sie hatten ein freundschaftliches Verhältnis", schildert der Verteidiger. Man habe sogar in einem gemeinsamen Haushalt gewohnt, um die Frau pflegen zu können. Es stimme, dass der Gärtner Abhebungen vom Konto der Frau machte. "Aber sie hat ihn dazu gebeten. Da ging es um Lebenserhaltungskosten und Reparaturkosten."

Das sieht die Staatsanwaltschaft anders. Die Verstorbene habe ein gut gefülltes Konto gehabt - am Ende sei das Konto aber leergeräumt gewesen. Insgesamt 147.000 Euro sollen vom Angeklagten im Lauf der Jahre abgehoben worden sein. Der Gärtner habe auch gewusst, dass die Frau Liegenschaften besitzt. Und, so die Annahme der Anklage, einen perfiden Plan ausgeheckt: Man wollte ein Testament erstellen und ihn darin zum Alleinerben erklären.

Vermittler

Der Gärtner jedenfalls wandte sich an den (nicht erschienenen) Erstangeklagten und bat um Unterstützung bei der Abwicklung. Dieser wiederum vermittelte ihn zu einem Anwalt. "Ich bin wegen einer Vorsorgevollmacht und einem Testament kontaktiert worden", bestätigt dieser vor Gericht. "Ich bin zur Dame gefahren um die Angaben zu prüfen." Die Frau habe ihm die Absichten bestätigt. "Das war ein normales, schlüssiges Alltagsgespräch, das rund 20 Minuten gedauert hat", erinnert er sich. Und schließlich wurde das Testament, wenige Monate vor dem Tod der vermögenden Frau, in die Wege geleitet. Bei der Unterschrift waren zudem ein weiterer Anwalt und der Notar dabei. 

"Die Prüfung der Testierfähigkeit ist die Aufgabe des Notars", betont Verteidiger Nikolaus Rast, der die beiden Anwälte vertritt. "Die Anwälte hatten nur die Aufgabe zu bestätigen, dass das auch wirklich die Frau V. ist und dass es ihr letzter Wille ist."

Das alte Testament

Was die Männer allesamt nicht wussten: Es gab bereits ein Testament aus dem Jahr 1990. Damals hatte die Frau ihren Lebensgefährten als Alleinerben eingetragen. In seinem Todesfall sollte dessen Sohn das Erbe stattdessen bekommen. Sie selbst bezeichnete ihn als Ziehsohn.

An diesem Ziehsohn lässt die Verteidigung im Prozess allerdings kein gutes Haar. Er habe zuletzt 2008 Kontakt zur Frau gehabt. "Es gab keine Weihnachtskarte, keine Besuche", sagt Anwalt Rast. "Sie hatte niemanden außer den Zweitangeklagten."

Doch war die Frau tatsächlich noch dazu in der Lage, Entscheidungen zu treffen? Zwei psychiatrische Sachverständige sagen dazu: "Nein." Die Frau sei geistig und körperlich hochgradig eingeschränkt gewesen. Sie hätte keine unbeeinflusste Willensbildung vornehmen können. 

Urteile fallen am Donnerstag keine. Der Prozess wird auf den 21. März 2024 vertagt.

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