Studie: Helfen Naturbilder in Gemeindebauten gegen Verschmutzung?
Müll hat in der Natur nichts zu suchen. In den Müllräumen der Wiener Gemeindebauten dagegen sehr wohl.
Aber auch hier gibt es Regeln. Müll, der auf dem Boden landet zum Beispiel, ist alles andere als erwünscht – und dennoch nicht unüblich. In den vergangenen Jahren wurde deshalb getestet, ob Naturbilder der Vermüllung Einhalt gebieten können.
Grundlage für die Studie waren die vielen Beschwerden von Gemeindebaumietern über ihre Müllräume, sagt Studienleiterin Katharina Gangl vom Institut für Höhere Studien (IHS).
Finanziert wurde das Projekt deshalb zum Großteil von Wiener Wohnen. Insgesamt wurden 182 besonders schmutzige Müllräume untersucht, wovon die Hälfte mit bis zu fünf Bildern von Naturlandschaften ausgestattet wurde.
Die Natur-Toiletten
Beispiele für die Nutzung solcher Naturbilder gibt es bereits: Seit 2014 werden die WCs der Nahverkehrszüge der ÖBB mit Landschaftssujets beklebt. Seit 2017, nachdem eine Passagierbefragung den Wohlfühlfaktor in den Toiletten der Railjets als „verbesserungswürdig“ einstufte, werden auch die Railjet-Toiletten beklebt.
Die beklebten Toiletten der ÖBB
Auch mit winterlichen Motiven
„Das Feedback ist jedenfalls positiv“, sagt Julia Krutzler, Sprecherin der ÖBB. Die Beklebungen werden also beibehalten.
Doch zurück zu den Müllräumen: Wie sich bei der Studie, die zwischen Juni 2022 und September 2023 lief, herausgestellt hat, nehmen Gemeindebaubewohner ihre Müllräume viel schmutziger wahr, als sie tatsächlich sind.
Während aus Sicht der Bewohner rund 60 Prozent der Müllbereiche beim letzten Besuch verschmutzt waren, sind es laut Foto-Bewertung tatsächlich nur 15 Prozent, sagt Gangl. „Der eklatante Unterschied zur Wahrnehmung kommt daher, dass sich die Menschen nicht den gewöhnlichen, sauberen Zustand merken, sondern die Extremereignisse.“ Also zum Beispiel Tage, an denen besonders viel Müll herumliegt.
Diese Lücke zwischen Wahrnehmung und Realität konnten die Naturbilder aber – zumindest zum Teil – ausgleichen. Die Befragten bewerteten die Sauberkeit von Müllbereichen mit Naturbildern um rund 15 Prozent besser als Müllbereiche ohne Bilder. Und das, obwohl sich die tatsächliche Sauberkeit nicht verändert hat. Das heißt, dass die Leute glauben, dass die Müllräume sauberer geworden sind, objektiv hat sich aber nichts getan.
Mehr als gute Stimmung
Deutlich effektiver für die tatsächliche Sauberkeit seien andere Faktoren, sagt Gangl. Müllplätze im Freien etwa hätten sich als besonders sauber herausgestellt. Als besonders schmutzig dagegen die Räume von Wohnhäusern, in denen die Mieter oft wechseln und viele junge Menschen leben.
Das dürfte vor allem mit dem Sperrmüll zusammenhängen, der als einer der wichtigsten Faktoren für Vermüllung identifiziert wurde. „Das eine Stück Sperrmüll führt dazu, dass weitere Müllstücke nicht richtig entsorgt werden“, sagt Gangl. „Und junge Menschen wissen oft nicht, wohin mit ihrem Sperrmüll.“
Konkrete Empfehlung für mehr Sauberkeit in den Müllbereichen seien laut der Studienautorin demnach, Müllräume bei Neubauten wenn möglich ins Freie zu verlegen und die Sperrmüllentsorgung besser in die bestehenden Infokampagnen einzubinden.
Eigeninitiative der Bewohner stärken
Wichtig sei aber auch, die Eigeninitiative der Bewohnerinnen und Bewohner zu stärken: „Es hat sich gezeigt, dass mehr als ein Drittel der Befragten fremden Müll aufheben würde. Das muss man würdigen und vor den Vorhang holen“, sagt Gangl. Naturbilder könnten zusätzlich in den innenliegenden Müllbereichen aufgehängt werden, auch wenn sie nur auf das subjektive Empfinden wirken. „Es ist ja auch okay, wenn sich die Menschen nur gut fühlen. Auch das macht die Stimmung im Gemeindebau besser.“
Wiener Wohnen prüfe derzeit eine „praktikable Umsetzung“ der Handlungsempfehlungen aus der Studie, heißt es von einer Sprecherin. Derzeit werden etwa Aktionen zur Förderung der Eigeninitiative der Bewohnerinnen und Bewohnern entwickelt.
Zudem sollen bei Neubauten die Müllbereiche im Außenbereich geplant und bei Sanierungen, wenn möglich nach außen verlagert werden. In puncto Sperrmüll setze man weiter auf hausinterne Informationskampagnen. Eine „flächendeckende Ausweitung“ der Naturbilder sei dagegen nicht angedacht. Der nachhaltige Effekt habe sich nämlich nicht bestätigt, heißt es.
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