Streit um die Notdurft von Wiener Buslenkern

Streit um die Notdurft von Wiener Buslenkern
Wiener Linien erlauben den Fahrern nicht mehr die Benutzung der betriebsinternen Anlage am Reumannplatz

Auch Busfahrer müssen dann und wann während ihrer Arbeitszeit ein WC aufsuchen. Wo und wie das geschehen darf, darüber ist jetzt ein skurriler Streit zwischen dem Betriebsrat der Postbus AG und den Wiener Linien ausgebrochen. Diese würden „völlig absurd und menschenverachtend“ agieren, lautet das harte Urteil des obersten Postbus-Personalvertreters Robert Wurm.

Worum geht es: Die Postbus AG betreibt im Auftrag der Wiener Linien die Buslinien 68A und 68B, die zwischen Reumannplatz und Kurpark Oberlaa bzw. Oberlaa (Favoriten) unterwegs sind. Insgesamt sind 38 Postbus-Lenker auf diesen Strecken im Einsatz.

Vereinbarung

Im August 2021 wurde zwischen Wiener Linien und Postbus-Zentralbetriebsrat vereinbart, dass die Chauffeure die WC-Anlagen der Wiener-Linien-Betriebsräume am Reumannplatz mitbenutzen dürfen. Eine durchaus übliche Vorgehensweise: „In ganz Österreich dürfen unsere Lenker in so einem Fall die Sozialräume und Toiletten des Auftraggebers mitbenützen“, schildert Wurm. Als Fremdpersonal erhielten sie zwar keinen Schlüssel, durch Klopfen konnten sie jedoch Einlass in das U-Bahn-Expedit begehren, erläutert ein Sprecher der Wiener Linien.

Am 26. April hätten die Wiener Linien diese Vereinbarung aber „plötzlich einseitig und ohne Vorwarnung wieder gekündigt“, empört sich Wurm. Wie es dazu kam, darüber gehen die Ansichten weit auseinander: Laut Wurm sei für die Wiener Linien der Auslöser eine Lenkerin gewesen, die sich nach dem Aufsuchen der WC-Anlage erlaubt habe, sich kurz im Aufenthaltsraum niederzusetzen.

Besuch vom Schlüsseldienst

Davon könne keine Rede sein, kontert der Wiener-Linien-Sprecher. Vielmehr sei man nach einem äußerst merkwürdigen Vorfall gezwungen gewesen, die Vereinbarung aufzukündigen. „Eines Tages ist im Auftrag der Postbus AG ein Schlüsseldienst aufgetaucht, der das Schloss tauschen wolle.“ Offenbar mit dem Zweck, dass auch die Chauffeure mit einem eigenen Schlüssel Zutritt zu den Aufenthaltsräumen erhalten. „Damit war natürlich das Vertrauensverhältnis verloren“, sagt der Sprecher.

Er betont, dass die Wiener Linien ohnehin der falsche Ansprechpartner für die Kritik des Betriebsrats seien. Denn es liege in der Zuständigkeit der Postbus AG, sich um Aufenthaltsräume und WC-Anlagen für die Fahrer zu sorgen. „Dass wir unsere Räume zur Verfügung stellen, ist ein reines Entgegenkommen“, sagt der Sprecher. Sie könnten obendrein auch Wiener-Linien-Diensträume in Oberlaa nützen. Dazu müssten nur die Dienstpläne so angepasst werden, dass dort jede Fahrt vorbeiführe.

Gutscheine für den Tichy

Betriebsrat Wurm wiederum bestreitet, dass versucht worden sei, die Schlösser auszutauschen. „Es wurde lediglich ein Schlüsselsafe angebracht, damit die Fahrer die Möglichkeit haben, den Vorraum zu betreten“, sagt er zum KURIER.

Die Sache wird aber noch skurriler: Laut Wurm habe sich mittlerweile herausgestellt, dass auch die hauseigenen Busfahrer  der Wiener Linien, die den Reumannplatz mit anderen Buslinien anfahren, die WC-Anlagen nicht mehr benützen dürfen. Zutritt hätte demnach nur noch das U-Bahn-Personal.
Als Notlösung hat Wurm nun den Postbus-Fahrern Gutscheine für den nahe gelegen Eissalon Tichy ausgehändigt, damit sie das dortige WC benützen können.

„Ich hoffe aber, dass wieder Vernunft einkehrt“, appelliert er an Bürgermeister Michael Ludwig und Öffi-Stadtrat Peter Hanke. Ansonsten seien  Protestaktionen beim SPÖ-Parteitag Ende Mai denkbar.

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