Sternchenmamas: Richterin kämpft für mehr Rechte nach Fehlgeburt
Eigentlich ist es Monika Romaniewicz, die Recht spricht. Die Niederösterreicherin arbeitet als Richterin im Verwaltungsgericht Wien. Doch nicht immer bedeutet Recht auch Gerechtigkeit. Und das macht die Juristin wütend, wie sie selbst sagt.
Konkret geht es darum, wie viel schlechter Frauen vom Gesetz behandelt werden, die eine Fehlgeburt erlitten haben. Jetzt hat sie den Verein „Rechte für Sternchenmamas“ gegründet und kämpft dafür, dass sich die Situation ändert.
Hilfe habe ich danach keine bekommen. Nur ein Folder ist mir in die Hand gedrückt worden.
Romaniewiczs Engagement hat einen traurigen Grund: Sie hat selbst eine dramatische Fehlgeburt in der 16. Schwangerschaftswoche hinter sich. Wobei sie schon das Wort „Fehlgeburt“ stört. Sie nennt es Schwangerschaftsverlust.
Die Niederösterreicherin war gerade mit ihrem Mann im Kroatien-Urlaub, als die Fruchtblase platzte. Das Paar fuhr ins nächste Krankenhaus. „Wir haben ein Ultraschall gemacht. Das Herz hat geschlagen. Aber uns wurde gesagt, wir müssen abtreiben“, erinnert sie sich. Zurück in Wien, hatten auch hier die Ärzte keine guten Nachrichten.
Traumatisches Erlebnis
Durch das fehlende Fruchtwasser konnten sich die Lungen des Babys nicht entwickeln. „Jeden Tag das Herz schlagen zu sehen und gleichzeitig eine Einleitung empfohlen zu bekommen . . .“, erinnert sie sich.
Niemand hätte danach mit ihr umgehen können. Die Traurigkeit hatte sie überwältigt. Hilfe bekam sie keine. Einzig einen Folder bekam sie in die Hand gedrückt. Im Wartezimmer saß sie mit Frauen, die kurz vor der Geburt standen.
500-Gramm-Grenze
Und auch rechtliche Ansprüche hatte sie keine. Denn ihr Kind wog bei der Geburt nur 280 Gramm. Zu wenig, um Anspruch auf Mutterschutz oder eine Nachbetreuung zu haben. Denn dieser Anspruch besteht erst, wenn das Kind ein Gewicht von 500 Gramm hat. Die Gesetzeslage geht in die 1950er-Jahre zurück.
Eine Regelung, die nicht nur bei der betroffenen Sternchenmama auf Unverständnis stößt. Auch Hebamme Miriam Jakl kennt das Leiden der Frauen. „Schon bei einer frühen Fehlgeburt hat der Körper sehr viel mitgemacht. Auch psychisch ist das eine Katastrophe. Und es ist erschreckend, dass diese Frauen ein paar Tage später wieder arbeiten gehen sollen.“
„Das war noch kein Kind“
Das Thema würde oft kleingeredet. „Das war ja noch kein Kind“, bekommen Mütter oft zu hören. „Nach so einem Erlebnis fühlen sich die Frauen leer und verlassen. Sie sind supermüde. Oft hatten sie Wehen, starke Blutungen.“ Doch damit würden sie alleine gelassen. Gesprochen wird über das Thema wenig. „Dabei passiert das so häufig“, sagt Jakl, die sich ebenfalls im Verein engagiert.
Die Frauen werden alleine gelassen. Gesprochen wird über das Thema wenig. Dabei passiert das so häufig.
Gemeinsam ist man nun aktiv geworden, hat Parteien kontaktiert – und positive Signale bekommen. So brachte die SPÖ etwa einen entsprechenden Entschließungsantrag ein. Gleichzeitig wurde eine Petition gestartet und Unterstützungsunterschriften gesammelt.
Die Forderungen: Anspruch auf Mutterschutz, Angleichung des Kündigungs- und Entlassungsschutzes, kassenfinanzierte Betreuung durch Hebammen, psychologische Unterstützung und eine Ausdehnung des Bestattungskostenbeitrages. Zudem soll die 500-Gramm-Grenze des Geburtsgewichtes wissenschaftlich ausgearbeitet und neu geregelt werden.
Und: Das Wort Fehlgeburt soll durch den Begriff „kleine Geburt“ oder „Schwangerschaftsverlust“ ersetzt werden. „Denn das klingt, als wäre ein Fehler passiert“, sind sich Romaniewicz und Jakl einig.
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