Städtische Kindergärten bleiben am Mittwoch in Wien geschlossen

Städtische Kindergärten bleiben am Mittwoch in Wien geschlossen
Mittwoch, den 24. Jänner, bleiben öffentliche Kindergärten in Wien geschlossen. Der Schließtag soll auch ein Zeichen an die Politik sein.

Die Türen der öffentlichen Kindergärten in Wien bleiben am Mittwoch, dem 24. Jänner, geschlossen. Der Grund: In den Bildungseinrichtungen wird ein zusätzlicher pädagogischer Tag abgehalten.

Durchgesetzt wurde der Tag von der "younion - Die Daseinsgewerkschaft", die damit auf die elementarpädagogische Arbeit und ihre Forderungen in dem Bereich aufmerksam machen möchten. Oberste Priorität haben immer noch kleinere Gruppen, um dem Personal Bildungsarbeit statt Aufsicht zu ermöglichen, sowie bundesweit einheitliche Standards etwa bei Ausbildung, Gruppengrößen und Bezahlung.

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„Die Eltern sind zeitgerecht über die geschlossenen Häuser informiert worden. Sie zeigen großes Verständnis“, sagt Judith Hintermeier, Elementarpädagogin und Bundesfrauenreferentin in der "younion".

Für Manfred Obermüller, stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft, ist der Tag auch ein klares Zeichen an die Politik: "Die Beschäftigten in den Kleinkindergruppen, Kindergärten und Horten meistern jeden Tag große Herausforderungen. Sie müssen einen enormen Personalmangel ausgleichen, auch die pädagogische Arbeit wird immer anspruchsvoller. Die Verantwortlichen in der Politik müssen jetzt rasch handeln."

Betreuungsquote nur teilweise erfüllt

2002 wurden vom Europäischen Rat die sogenannten "Barcelona-Ziele" festgelegt. Diese besagen, dass sich in den EU-Staaten bis 2010 33 Prozent der Kinder unter 3 Jahren und 90 Prozent der Kinder zwischen drei und fünf Jahren in formeller Kinderbetreuung befinden sollten.

Bei den Drei- bis Fünfjährigen wurde im Kindergartenjahr 2022/23 mit knapp 94,7 Prozent die Barcelona-Zielvorgabe mittlerweile erreicht, wobei die Werte je nach Bundesland schwanken. Bei den Unter-Dreijährigen liegt die Betreuungsquote noch bei 29,9 Prozent, womit das von der EU ausgegebene Barcelona-Ziel von 33 Prozent weiter nicht erreicht wird.

Das Problem dabei: Nur knapp die Hälfte der Drei- bis Fünfjährigen (49,6 Prozent) hat 2022/23 eine Einrichtung besucht, die die Kriterien des Vereinbarkeitsindikators für Familie und Beruf (VIF). Bei den Kindern bis zwei waren es mit 58,7 Prozent etwas mehr.

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In Wien besuchen bei den Älteren 91 Prozent derartige Einrichtungen, die wenigsten sind es in Niederösterreich (26 Prozent) und Oberösterreich (28 Prozent). Im Schnitt haben die Kindergärten in Österreich 24,7 Schließtage im Jahr, die Krippen 17,9.

Tausende Fachkräfte fehlen

Eine zusätzliche Belastung stellt der Fachkräftemangel dar. Seit 2021 gab es bereits mehrfach Proteste für mehr Geld, bessere Rahmenbedingungen und und bundesweit einheitliche Regeln für die Elementarpädagogik.

Eine Studie im Auftrag des Bildungsministeriums lässt eine weitere Verschärfung der Personalnot erwarten: Werden Bevölkerungsentwicklung, Betreuungsquoten sowie Personalabgänge und -nachschub berücksichtigt, könnten bis 2030 rund 13.700 Fachkräfte fehlen. Bei der eingeforderten Verbesserung der Fachkraft-Kind-Verhältnisse wären es sogar 20.200.

Wie viele Kinder maximal in einer Gruppe sein dürfen, geben die Länder vor. Empfehlungen sehen je nach Altersgruppe Betreuungsrelationen von 1 zu 3 bei den Dreijährigen bis 1 zu 7 bei den älteren Kindergartenkindern vor. In der Praxis sind Pädagoginnen und Pädagogen aber für ein Vielfaches an Kindern zuständig.

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Budget für Bildung unter EU-Schnitt

In Österreich werden laut der OECD-Studie "Bildung auf einen Blick" 2022 rund 0,7 Prozent des BIP in elementare Bildung investiert. Das ist weniger als im Schnitt der EU (0,8 Prozent) und der OECD (0,9), bei PISA-Spitzenländern wie Estland oder Finnland werden rund 1,2 Prozent des BIP für vorschulische Bildung ausgegeben.

Dabei sind laut dem Zentrum für Verwaltungsforschung (KDZ) die Ausgaben in Österreich über die Jahre deutlich gestiegen, vor allem die Personalausgaben: 2019 gaben Länder und Gemeinden 2,9 Mrd. Euro aus. 2007, vor der ersten 15a-Vereinbarung, waren es noch 1,3 Mrd.

Jetzt ginge es laut dem stellvertretenden younion-Vorsitzenden darum, dass diese zusätzliche Mittel entsprechend richtig eingesetzt werden: "Neue Plätze zu schaffen ohne sich dabei um das notwendige Personal zu kümmern, kann natürlich nicht funktionieren."

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Obermüller kritisiert in diesem Zusammenhang auch den oberflächlichen Vergleich zwischen privaten und öffentlichen Einrichtungen in Wien, der in Medien aufgetaucht ist: „Einfach zu schauen, was da und dort ein Kind kostet, ist purer Populismus. Denn was zum Beispiel nicht eingerechnet wird, sind die längeren Öffnungszeiten und die geringeren Schließtage. Außerdem sind viele Kinder mit besonderen Bedürfnissen in den öffentlichen Einrichtungen in Wien. Hier braucht es auch wesentlich mehr Mittel.“

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