Susanna Haas: Der Fachkräftemangel wird von den Kolleginnen und Kollegen am meisten gespürt – von den Kindern weniger, weil das Personal tagtäglich sein Bestes gibt, um ihnen eine gute Zeit zu ermöglichen. Allerdings ist das Problem nicht überall gleich groß, auch weil sich in manchen Bundesländern schon einiges zum Besseren verändert hat. Man merkt, dass den politisch Verantwortlichen bewusst ist, dass sich in den Kindergärten etwas ändern muss.
Welche Folgen haben die unterschiedlichen Rahmenbedingungen in den Bundesländern?
Pädagoginnen vergleichen die Bedingungen und wechseln dadurch häufiger ihre Arbeitsstelle. Die Gehaltsschemata unterscheiden sich nämlich von Bundesland zu Bundesland, von Träger zu Träger. Ebenso die Rahmenbedingungen: Die einen bekommen mehr Vorbereitungs- und Planungszeit anerkannt, die anderen haben längere Ferien etc. Nicht nur deshalb fordern wir hier eine bundesweite Vereinheitlichung, sondern auch eine Anpassung auf ein Niveau, welches den Aufgaben und der Verantwortung einer Kindergartenpädagogin entspricht.
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Würde eine Vereinheitlichung der Gehaltsschemata etc. reichen, um mehr Personal zu gewinnen?
Vermutlich nicht. Ein wahrer Turbo wäre wohl, wenn mehr Fachpersonal in den Gruppen wäre – also, dass auf neun Kinder, die drei Jahre oder älter sind, zumindest eine Pädagogin kommt. Das würde die Bedingungen so verbessern, dass mehr Pädagoginnen in den Beruf einsteigen und ausgebildetes Personal, das dem Kindergarten den Rücken gekehrt hat, wieder in den Beruf zurückkehrt. Kleinere Gruppen wären wichtig – doch das ist ein Projekt, das nicht so schnell umsetzbar ist, weil hier unzählige neue Gruppen eröffnet werden müssten.
Schon jetzt unterstützen Assistenzpädagoginnen die Kolleginnen in den Gruppen.
Ja, aber ihre Ausbildung ist österreichweit sehr unterschiedlich. Ebenso wie die Voraussetzungen, unter welchen sie eingestellt werden. Um die Qualität sicherzustellen, fordern wir für diese Kräfte bundesweit eine einheitliche formale Qualifikation, die eine pädagogische Grundausbildung garantiert.
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Thema Ausbildung: Viele meinen, dass Elementarpädagogik eine Hochschulausbildung sein soll.
Es ist gut, dass es im Elementarbereich mittlerweile eine Vielzahl von Ausbildungen im tertiären Bereich gibt. Neben der fünfjährigen Bildungsanstalt für Elementarpädagogik (BAfEP), die mit der Matura abschließt, oder dem Kolleg kann man auch an den Pädagogischen Hochschulen, den Fachhochschulen und den Universitäten eine elementarpädagogische Ausbildung abschließen. Wichtig bleibt, dass die Ausbildungen weiterhin viel Praxisbezug haben.
Aber sind Ausbildungen auf Hochschulniveau tatsächlich sinnvoll und nötig?
Die BAfEP und vor allem auch das Kolleg sind zwar eine gute Ausbildungsform, um eine solide pädagogische Grundausbildung zu erhalten. Aber wir brauchen auch Fachpersonal, das über die neusten wissenschaftlichen Erkenntnisse Bescheid weiß, diese selbst erforscht hat und dadurch in die eigene Arbeit integrieren kann. Das ist nötig, denn die Anforderungen werden immer komplexer: Mehrsprachigkeit, Kinderschutz oder auch ganz aktuelle Themen, die Kinder und deren Familien in den Kindergarten mitbringen, wie Flucht- oder Kriegserfahrungen.
Gibt es noch ein Thema, das Ihnen am Herzen liegt?
Ja, die österreichweite Unterstützung der Petition "Elementare Bildung ist mehr wert". Der Kindergarten ist zumeist die erste Bildungseinrichtung, die ein Kind besucht. Hier werden alle Basiskompetenzen der Kinder gestärkt, die sie in der Schule und in ihrem weiteren Leben benötigen. Alle Kinder haben einen guten Kindergarten verdient – einen, in dem sie professionell in ihrer Entwicklung begleitet werden, damit sie gesund und gut die nächsten Schritte in ihrer Bildungslaufbahn gehen können.
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