Nur einen Tag nach der Räumung des Protestcamps in der Donaustadt wurden am Mittwoch bereits ab 7 Uhr in der Früh die ersten Erdarbeiten für die geplante Stadtstraße durchgeführt. Von den 48 festgenommenen Umweltaktivisten befanden sich gestern noch elf in Haft, da ihre Identität nicht festgestellt werden konnte.
Während die Klimaschützer weitere Aktionen ankündigen, wird die Räumung auch innerhalb der Wiener SPÖ, die an sich für die umstrittene Stadtstraße eintritt, durchaus kontroversiell diskutiert: „Manche in der Partei freuen sich, dass sie endlich erfolgt ist. Andere finden, dass mit der Vorgehensweise am Dienstag ein bisschen über das Ziel hinausgeschossen wurde“, ist aus Parteikreisen zu hören.
Gemeint ist damit, dass zeitgleich zur Räumung die hölzernen Behausungen der Aktivisten – etwa die Pyramide – dem Erdboden gleichgemacht wurden. Zudem wurden umgehend 380 Bäume gefällt. Letzteres sorgte in der Öffentlichkeit zum Teil für ein gewisses Unverständnis.
Wobei die raschen Baumfällungen wohl weniger aus einem Mangel an Sensibilität, denn eher aus Berechnung erfolgt sein könnten: Hätte man damit noch weitere Tage gewartet, hätte man einen zweiten Proteststurm geerntet. So ist es der SPÖ gelungen, die erwartbare Entrüstung auf nur einen Tag zu konzentrieren. Darüber hinaus bot das große Polizeiaufgebot am Dienstag den Bautrupps die Möglichkeit, ihre Arbeiten ungestört zu beginnen. Andernfalls wären Störaktionen oder gar neue Besetzungen nicht auszuschließen gewesen, sagen Insider. Es sei zudem üblich, nach Räumungen das besetzte Areal umgehend zu säubern.
Termindruck
Diskutiert wird auch, warum die Räumung ausgerechnet am Dienstag erfolgte. Dem Vernehmen nach hatte man es eilig, weil in Kürze wichtige Fristen im Umweltverträglichkeitsbescheid zur Stadtstraße ablaufen. So gelte es bei Baumrodungen etwa, die Nist- und Brutsaison von Vögeln zu berücksichtigen. Bei der Umweltorganisation Virus betont man hingegen, dass wegen der Winterruhe die Fällungen gar nicht erlaubt gewesen wären.
„Die Räumung hätte gleich zu Beginn der Besetzung erfolgen sollen, dann hätte sich die Sache nicht so auswachsen können“, ist indes in SPÖ-Kreisen zu vernehmen. Parallel dazu hätte man ja trotzdem Gespräche mit den Aktivsten führen können, heißt es.
Dass dies nicht geschah, wird nicht nur Sima angekreidet: „Bürgermeister Michael Ludwig hätte von Anfang an auf eine härtere Linie drängen müssen“, sagt ein Genosse.
Bleibt die Frage, wie sehr die Ereignisse der zuletzt erfolgsverwöhnten Wiener SPÖ schaden: Parteikenner fürchten, dass mit der Räumung vor allem jüngere Menschen vor den Kopf gestoßen wurden, die nun an die Grünen verloren gehen könnten. Zugleich spekuliert man damit, dass sich die Aufregung um das Thema rasch wieder legen werde.
Die Neos, die sich am Dienstag nicht aktiv zur Räumung zur Wort gemeldet hatten, legten am Mittwoch übrigens Wert darauf, sehr wohl etwas zur Causa zu sagen zu haben: „Die Räumung des Protestcamps war für uns immer der letzte Ausweg, der jetzt leider notwendig geworden ist.“ JG, CHS, RACH
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