Spionageverdacht gegen russische Diplomaten: Wer die Verdächtigen sind
Wer sind jene vier Diplomaten, die Österreich verlassen müssen, weil sie offenbar im Auftrag Russlands das Land ausspioniert haben? Wer am Donnerstag eine Antwort auf diese Frage erhalten wollte, erhielt vor allem eines: Schweigen.
Zu heikel und von internationaler Bedeutung ist die Thematik. Das Außenministerium gab zwar bekannt, dass die Diplomaten aus Wien das Land bis 8. Februar verlassen müssen, sonst hielt man sich zu Details bedeckt. Doch der KURIER konnte erste Informationen in Erfahrung bringen.
Technisches Personal
Demnach handelt es sich bei den Diplomaten ausschließlich um Männer. Hinter vorgehaltener Hand war aus Diplomatenkreisen zu vernehmen, dass ihnen die Geheimdienste Österreichs seit Monaten in engster Zusammenarbeit auf der Spur waren. Die Verdächtigen sollen dabei in ihrer Funktion bei der russischen Botschaft und bei der russischen ständigen Vertretung bei den Vereinten Nationen vor allem als technisches Personal zum Einsatz gekommen sein.
Durch diese Funktion erhielten sie durch Akkreditierungen offenbar Zutritt in höchst sensible Bereiche internationaler Organisationen. Was genau ausspioniert wurde, bleibt vorerst unklar. Die kriminell erlangten Informationen werden jedoch als äußerst sensibel eingestuft.
Zweiter Fall von Ausweisungen von Diplomaten
Es ist nicht das erste Mal, dass Österreich russische Diplomaten ausweist. Bereits Anfang April 2022 wurden russische Diplomaten wegen Geheimdiensttätigkeiten ausgewiesen. Damals jedoch erst nach tagelangen Diskussionen im Vorfeld. Die Personen hätten mit dem Wiener Übereinkommen unvereinbare Handlungen gesetzt, hieß es in Anspielung auf Geheimdiensttätigkeiten. Betroffen waren damals drei Angehörigen der russischen Botschaft in Wien und ein Angehöriger des Generalkonsulats in Salzburg.
Gut ein Jahr später ist es nun wieder so weit. Oder wie es das Außenamt am Donnerstag in einer Aussendung diplomatisch formulierte: "Zwei Diplomaten der russischen Botschaft haben mit ihrem diplomatischen Status unvereinbare Handlungen gesetzt. Sie wurden daher gemäß Artikel 9 des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen zu unerwünschten Personen erklärt. Zwei Diplomaten der russischen Ständigen Vertretung bei den Vereinten Nationen haben mit dem Amtssitzabkommen unvereinbare Handlungen gesetzt. Sie wurden daher ebenfalls zum Verlassen des Gebietes der Republik Österreich aufgefordert."
Die betroffenen russischen Diplomaten müssen spätestens bis 8. Februar Österreich verlassen. Zum Vorwurf der Spionage will man sich im Außenministerium nicht weiter äußern: "Wir bitten um Verständnis, dass wir dazu keine weiteren Details bekannt geben werden", erklärte Pressesprecherin Gabriele Juen auf KURIER-Nachfrage.
Ob das Datum der Bekanntgabe, der neuerlichen Ausweisung von vier russischen Diplomaten, nur einen Tag nach dem Solidaritätsbesuch von Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen bei dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij reiner Zufall ist, sei dahingestellt.
Nährboden für Spione
Dass Österreich als Nährboden für Spione gilt, ist nicht neu. Dies zeigte auch der Verfassungsschutzbericht, der von der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) erst vor wenigen Wochen veröffentlicht wurde. Darin wird festgehalten, dass vor allem Spione aus Russland, China, dem Iran und der Türkei in der Alpenrepublik aktiv sind.
Warum gerade Österreich? Das hat mehrere Gründe. Die zentrale Lage, die Niederlassung internationaler Organisationen und die gute wirtschaftliche Situation. Doch Österreich ist nicht nur ein guter Standort, um andere Länder zu bespitzeln. Es ist auch selbst Ziel von "nachrichtendienstlicher Beeinflussung und Ausspähung". Wie der aktuelle Fall zeigt.
Die Botschaft als Deckmantel
Vertretungen der Länder, darunter neben Botschaften und Konsulaten auch Vereine, Kulturzentren oder Fluggesellschaften, dienen laut DSN dabei besonders als Deckmantel für die Spionagetätigkeit ausländischer Nachrichtendienste. Die Spione selbst sind schwer zu schnappen. Was auch daran liegt, dass sie Diplomatenstatus genießen und somit strafrechtlich nicht verfolgt werden können.
Diplomatensohn unter Spionageverdacht
Diesen Umstand verdeutlichte auch der Fall eines 39-jährigen mutmaßlichen Spions, der erst im Dezember vergangenen Jahres für Schlagzeilen gesorgt hatte. Der Mann war damals in Wien festgenommen worden. Der Verdächtige soll mehrere Jahre im Auftrag Russlands in Wien für den russischen Militärgeheimdienst GRU spioniert haben.
Mit Methoden, die wie aus einem Film klingen, wie etwa toten Briefkästen zur Nachrichtenübergabe. Besonders heikel: Der Grieche mit russischen Wurzeln ist der Sohn eines einstigen Diplomaten, der während seiner aktiven Dienstzeit in Österreich und Deutschland stationiert gewesen war und während dieser Zeit auch für Russland spioniert haben soll. Der 39-Jährige befindet sich auf freiem Fuß.
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