Ein internationales Aushängeschild sei der soziale Wohnbau in Wien, argumentiert die Wiener SPÖ gebetsmühlenartig. Umso mehr sorgt es für Kontroversen, wenn es ausgerechnet in diesem Bereich zu Privatisierungen kommt.
Eine solche steht nun bei der Arwag bevor: Die Wien Holding der Stadt Wien will laut Standard einen Anteil von 26 Prozent der Wohnbaugesellschaft Arwag an den Investor Klemens Hallmann verkaufen. Dieser übernimmt auch das gesamte Arwag-Aktienpaket der Erste Bank von 19,2 Prozent.
Knappe Mehrheit bleibt
Der Wien Holding blieben dann noch 37 Prozent. Rechnet man die 13,5 Prozent des städtischen „Fonds für temporäres Wohnen in Wien“ dazu, behält die Stadt auch weiterhin eine knappe Mehrheit an der Arwag.
Die Aufregung ist dennoch groß. Zählt doch zu der breiten Palette an Immobilien der Arwag auch eine beträchtliche Zahl an geförderten Wohnungen, deren Bewohner Mieten zahlen, die deutlich unter dem Marktniveau liegen. Der neue private Investor – so heißt es in der Branche – werde wohl das Interesse haben, mittelfristig mehr Geld aus der Arwag herauszuholen.
Der einfachste Weg: Die Wohnbauförderung wird vorzeitig zurückgezahlt, wodurch bei neuen Verträgen die Mieten angehoben werden können.
Anteile an gemeinnütziger Migra
Die Arwag hält auch 25 Prozent an der gemeinnützigen Baugesellschaft Migra. Umso pikanter ist es, dass man sich laut Standard auch an Investor Michael Tojner als potenziellen Interessenten für die Arwag-Anteile gewandt habe. Laufen doch gegen ihn strafrechtliche Ermittlungen im Zusammenhang mit Geschäften mit gemeinnützigen Bauträgern.
„Bankrotterklärung“
Die Opposition ist empört: „Die SPÖ beschwört Gemeindebauromantik – und in Wahrheit verscherbelt sie 25.000 leistbare Wohnungen an spekulative Investoren“, sagt FPÖ-Parteichef Dominik Nepp. Seine Fraktion wird am Montag im Gemeinderat eine „Aktuelle Stunde“ zur Causa einbringen.Von einer „Bankrotterklärung der SPÖ Wien“, spricht der grüne Wohnbausprecher Georg Prack.
Für Budgetsprecher Martin Margulies erscheint der Verkauf „gänzlich absurd“, wurde doch noch 2020 der Anteil der Stadt an der Arwag durch die Übernahme der Bank-Austria-Beteiligung von 28 Prozent auf 63 Prozent aufgestockt. „Sicher nicht mit dem Ziel, im Jahr darauf mehr als 40 Prozent der eigenen Anteile spekulativ zu verwerten.“ Laut ÖVP-Klubobmann Markus Wölbitsch würden die Vorgänge frappant an das Schicksal des Bauträgers Süba erinnern. Dort sei 2016 derselbe Investor mit 38 Prozent eingestiegen und habe dann das Unternehmen 2018 komplett übernommen.
Wien Holding kalmiert
In der Wien Holding ist man um Beschwichtigung bemüht: Die Verkaufsgespräche seien in der finalen Phase, ob und wie viele Anteile verkauft werden, werde erst im 1. Quartal 2022 feststehen, sagt ein Sprecher.
Er verweist darauf, dass die Stadt durch die Übernahme der Anteile der Bank Austria 2020 überhaupt erstmals die Mehrheit an der Arwag erlangt habe. Sie bleibe auch durch den geplanten Verkauf erhalten. Für die Mieter werde sich nichts ändern.
Branchenkenner bleiben skeptisch: Mit der Erste Bank und der Bank Austria hätten bisher zwei Institute Anteile an der Arwag gehalten, die für die Stadt die Wohnbauförderung abwickeln und somit eng an deren Interessen gebunden seien. Das sei bei einem klassischen privaten Investor keineswegs der Fall.
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