So will Wien die Klimawende schaffen
Wegen ihres Festhaltens an Lobautunnel und Stadtstraße hatte die Wiener SPÖ zuletzt nicht gerade das Image, Vorreiter in Sachen Klimaschutz zu sein. Fast hatte es daher den Eindruck, die für Freitag angesetzte Regierungsklausur sollte dazu dienen, derartige Vorwürfe zu entkräften.
Gemeinsam mit dem pinken Koalitionspartner wurde ein „Klimafahrplan“ beschlossen – ein 124-seitiges Papier mit mehr als 100 konkreten Maßnahmen. Sie sollen dafür sorgen, dass Wien wie angestrebt bis 2040 klimaneutral wird.
„Mir als Bürgermeister war es immer wichtig, an den großen Schrauben zu drehen“, betonte Stadtchef Michael Ludwig (SPÖ) bei der Präsentation. Bei dem Klimafahrplan handle es sich keineswegs um ein „Ziel-Märchenbuch“. Vielmehr um konkrete Maßnahmen in den einzelnen Ressorts der Stadtregierung, um die Klima-Vorgaben zu erreichen.
Energie
Ein zentraler Bereich dabei ist die Energieversorgung der Stadt. Bis 2040 sollen 60 Prozent des Wärmebedarfs in Wien über Fernwärme abgedeckt werden, wobei diese zu diesem Zeitpunkt bereits ohne fossile Brennstoffe auskommen soll. Die Hälfte der Fernwärme soll dann über Geothermie und Großwärmepumpen erzeugt werden. Etwa in der Kläranlage Simmering, wo im Februar der Baustart für die größte Wärmepumpe Mitteleuropas erfolgt. Sie soll Energie für 135.000 Haushalte liefern. Gasthermen und Ölheizungen wird es 2040 keine mehr geben.
Bereits etwas kurzfristiger ist der breite Ausbau der Fotovoltaik vorgesehen. Bis 2025 soll die Produktion von Sonnenstrom verfünffacht werden. Einerseits will die Stadt so viele Flächen wie möglich für die Solarstrom-Gewinnung nutzbar machen. Anderseits sind auch mehr Förderungen und Erleichterungen bei der Beantragung von privaten Klein-Anlagen geplant. Zum Teil werden gar keine Genehmigungen mehr nötig sein, kündigt Umweltstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) an.
Bis 2040 sollen die CO2-Emissionen im Verkehr auf Null gehen. Bereits spätestens ab 2025 werden für den städtischen Fuhrpark keine neuen Benzin- oder Dieselfahrzeuge mehr angeschafft.
Neu ist eine sogenannte Mobilitätsgarantie, die neben vielen anderen klimarelevanten Punkten in der Smart-City-Strategie als Ziel festgeschrieben ist. Demnach soll es künftig jedem Wiener möglich sein, auch ohne eigenen Pkw mobil zu sein.
Zankapfel Stadtstraße
Was wieder zu der geplanten Stadtstraße in der Donaustadt führt. Einmal mehr verteidigte Verkehrsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) das umstrittene Projekt zur Erschließung der Seestadt. „Die Stadtstraße wird 0,1 Prozent der CO2-Emissionen der gesamten Stadt ausmachen. Die 3,2 Kilometer lange Straße, auf der nur 50 km/h gefahren werden darf, wird also den Klimawandel in Wien nicht entscheidend beeinflussen.“
"Papiertiger"
Gemischt fallen die Reaktionen der Opposition aus: Die ÖVP ortete einen „Schritt in die richtige Richtung“. Die Grünen sprechen hingegen von einem „Klima-Papiertiger“. Um die Klimaziele 2040 zu erreichen, müssten in den nächsten 20 Jahren im Schnitt 3,3 Millionen Tonnen CO2 jährlich eingespart werden. Im aktuellen Klimabudget seien pro Jahr 18.000 Tonnen CO2-Einsparung vorgesehen, „das sind 0,5 Prozent davon“.
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