Machbarkeitsstudie für Wiener S-Bahn-Ring: Erste Weichen gestellt

Machbarkeitsstudie für Wiener S-Bahn-Ring: Erste Weichen gestellt
Die Kreisführung mit einer Linie ist nicht sinnvoll. Stattdessen sollen zwei Linien einen Ring um Wien bilden.

Der Geist vom Wiener S-Bahn-Ring schwebt schon lange über der Stadt. Nun wurden die ersten Weichen in diese Richtung gestellt. Und zwar mit einer Machbarkeitsstudie, die auch Teil des Koalitionsabkommens zwischen SPÖ und Neos ist. Rund eineinhalb Jahre lang haben die ÖBB gemeinsam mit unabhängigen Expertinnen und Experten vom Österreichischen Institut für Raumplanung verschiedene Varianten für den S-Bahn-Ring untersucht. Jetzt gibt es Ergebnisse.

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Das Wichtigste vorweg: Ein S-Bahn-Ring wäre möglich. Eine durchgehende Kreisführung – sprich eine S-Bahn, die eine gesamte Runde um Wien dreht – sei aber nicht sinnvoll. „Eine Ringführung von Verkehrssystemen, speziell der Eisenbahn, ist an sich schon herausfordernd. Vor allem, wenn man auf ein und demselben Ring verschiedene Zugarten (etwa S-Bahnen und Regionalverkehr, Anmerkung) führen möchte“, sagt  ÖBB Infra-Vorständin Judith Engel. Es sei vergleichbar mit einem Kreisverkehr: „Er funktioniert recht gut, aber dann kommt die erste kleine Störung und dann steht er.“ Der S-Bahn-Ring soll aber eben nicht zu Beeinträchtigungen, sondern zu Verbesserungen führen, sagt Engel. 

Ein Ring aus zwei Linien

Und dafür sei eine andere Ring-Variante die bessere. Nämlich ein S-Bahn-Ring bestehend aus zwei verschiedenen Linien. Konkret: Die Linien S45 und S80 sollen an zwei Punkten aufeinandertreffen und dadurch einen Kreis rund um Wien südlich der Donau formen. Damit entstehe ein Ring, der mit vier Zügen pro Stunde und Richtung bespielt werden könnte.

Machbarkeitsstudie für Wiener S-Bahn-Ring: Erste Weichen gestellt

Die Vorteile eines Rings mit zwei Linien seien unter anderem, dass wichtige Verkehrsknotenpunkte – etwa Hütteldorf – miteinbezogen werden können. Die Betriebsführungskosten (die Kosten, die pro Jahr für den Betrieb aufgebracht werden müssen) und die Infrastrukturkosten seien bei dieser Variante geringer. Und  der Passagierzuwachs sei bei der Variante mit zwei Linien laut der Machbarkeitsstudie am größten.

Lückenschluss als Voraussetzung

Voraussetzung, damit der S-Bahn-Ring umgesetzt werden kann, sind die zum Teil begonnenen Ausbaupläne für die Stammstrecke und der  Verbindungsbahn. Notwendig wäre aber auch ein Lückenschluss zwischen der S45-Station Handelskai und der S80-Station Praterkai. Die Vorortelinie müsste dafür  bis zur Station Praterkai verlängert werden (siehe Grafik). Die Station Praterkai müsste umgebaut werden. 

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2-Linien-S-Bahn-Ring

Laut Machbarkeitsstudie sollte die Linie S45 von Handelskai bis zur S80-Station Praterkai verlängert werden

Die Kosten

Konkrete Projektkosten wurden in der Studie nicht berücksichtigt. Um die Kosten belastbar nennen zu können, ist eine strategische Infrastrukturentwicklung durch die ÖBB vorgesehen. Die Neos berechneten die Kosten in ihrem Vorschlag aus 2019 auf 315 Millionen Euro

Auch zwei neue Stationen würden dazukommen: Reichsbrücke und Donaumarina. Die weiteren neuen Stationen  Unterdöbling und Brigittenau aus einem älteren Konzept der Neos, die das Projekt seit Jahren forcieren,  seien in der Machbarkeitsstudie ebenfalls überprüft worden. Sie hätten sich aber als nicht sinnvoll herausgestellt, heißt es von den ÖBB. 

Ring wäre ab 2032 umsetzbar

Ob der 2-Linien-Ring tatsächlich umgesetzt wird, wird sich aber erst zeigen. Derzeit werde das Projekt für eine mögliche Aufnahme in das Zielnetz 2040, das Anfang kommenden Jahres präsentiert wird, untersucht. Umsetzbar wäre der S-Bahn-Ring laut Machbarkeitsstudie jedenfalls ab 2032. Die Finanzierung des Projekts wäre  noch zu klären. Es werde aber Gespräche mit der Stadt hinsichtlich eines dritten Wiener Schieneninfrastrukturpakets geben, in dem auch die Maßnahmen für den S-Bahn-Ring enthalten sein werden.

Konkrete Kosten wurden in der Studie aber ohnehin noch nicht berücksichtigt, heißt es von den ÖBB. Dafür sei als nächster Schritt eine strategische Infrastrukturentwicklung durch die ÖBB-Infrastruktur AG vorgesehen. Diese kann nach Veröffentlichung des Zielnetzes 2040 voraussichtlich in der ersten Jahreshälfte 2024 starten. 

Lange Vorlaufzeiten

„Ich bin gespannt auf die nächsten Umsetzungsschritte, wenngleich die auch noch eine Zeit dauern werden,“ sagte die Wiener Neos-Klubobfrau Bettina Emmerling. Öffi-Ausbauprojekte dieser Art hätten aber immer längere „Vorlaufzeiten“, erklärte Verkehrsstadträtin Ulli Sima (SPÖ). Der ÖAMTC und die ÖVP Wien begrüßen die Studienergebnisse.

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