S-Bahn im U-Bahn-Takt: Wann und wo die Stammstrecke gesperrt wird
Als die Stammstrecke der S-Bahn im Jahr 1962 eröffnet wurde, war der 15-Minuten-Takt eine Sensation.
Heute dagegen ist sogar der 5-Minuten-Takt der rosa Linie zu wenig. Ab diesem Sommer wird die Strecke zwischen Meidling und Floridsdorf deshalb im großen Stil saniert.
Bis Dezember 2027 wird auf verschiedenen Abschnitten gebaut (siehe Grafik unten). Das „S-Bahn Wien Upgrade“, wie die ÖBB die Sanierung nennen, sei aufgrund des Zustandes der Infrastruktur notwendig geworden, heißt es.
Teile der Trasse werden seit den 1850er-Jahren befahren. Fast 100 Jahre länger, als es die S-Bahn als solche überhaupt gibt.
Mehr Züge unterwegs
Zwar sei immer wieder nachgerüstet worden, die Infrastruktur sei für den heutigen Betrieb aber einfach nicht ausgelegt. „In keiner Weise hat man sich damals vorstellen können, dass jemals auf einer Strecke so viele Züge fahren können wie jetzt, geschweige denn Bauwerke dafür vorgesehen“, sagt ÖBB-Historiker Alfred Klein-Wisenberg.
Nur zehn bis 20 Züge pro Tag seien in den Anfangsjahren unterwegs gewesen. Zwar ist die Zahl der Züge mit der Eröffnung der Stammstrecke auf 250 Züge gestiegen, mit den 700 Zügen, die heute verkehren, ist das aber nicht zu vergleichen.
Den geänderten Bedingungen sind unter anderem die Viadukte ausgesetzt. „Sie sind in den 1850er-Jahren erbaut und seitdem saniert und verstärkt, aber nicht abgerissen worden“, sagt Klein-Wisenberg. Das wird sich – zumindest zum Teil – ändern.
Schwache Substanz
Während die Viadukte im dritten Bezirk erhalten werden können (sie wurden öfter verstärkt), müssen jene im zweiten Bezirk abgerissen und durch Neubauten ersetzt werden. „Ihre Substanz ist schon zu sehr geschwächt“, erklärt Philipp Kropatschek, Programmleiter vom „S-Bahn Upgrade“.
An ihre Stelle soll ein neues Eisenbahntragwerk in Bogenform treten. Die Neugestaltung des Bereichs wird derzeit gemeinsam mit der Stadt Wien erarbeitet. Klar ist bisher nur, dass es zukünftig mehr freien Raum und eine höhere Aufenthaltsqualität geben soll. Zusätzlich wird ein neues Zugsicherungssystem eingeführt, Gleise und Weichen werden erneuert.
Und auch die Stützmauern zwischen Wien-Mitte und Rennweg müssen getauscht werden. „Wir haben in diesem Bereich Mauerelemente aus verschiedenen Zeiten, die nicht mehr wirtschaftlich zu erhalten sind“, sagt Kropatschek.
Letzte Haltestelle wird barrierefrei
Ein „herausragend großes Vorhaben“ sei aber auch die Bahnsteigverlängerung – insgesamt um ganze 60 Meter – beim Quartier Belvedere. Der alte Fahrtunnel muss entfernt und ein neuer eingesetzt werden.
Die Umbauarbeiten werden zudem genutzt, um die Station Quartier Belvedere barrierefrei zu machen. Die Bahnsteigkante wird dafür angehoben. „Damit wird auch die letzte Haltestelle auf der Stammstrecke barrierefrei“, sagt Kropatschek.
Wo die Sperren beginnen
Die erste Sperre des „Upgrades“ wird allerdings nicht beim Quartier Belvedere, sondern im Bereich zwischen Praterstern und Floridsdorf eingerichtet. Hier werden unter anderem die Bahnsteige der Haltestellen Handelskai und Traisengasse verlängert. Von 29. Juni bis 2. September werden dort keine S-Bahnen verkehren. Ein Schienenersatzverkehr wird eingerichtet.
Und wie wird der neue S-Bahn-Takt nach Umsetzung der Maßnahmen aussehen? 2,5-Minuten. „Das ist mit einem U-Bahn-Takt vergleichbar“, sagt Kropatschek.
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