Wie definiert man gelungene Integration? Eine hochaktuelle Frage, auf die es keine allgemeingültige Antwort gibt.
Einer, der Antworten sucht, ist Islam-Experte Ahmad Mansour. Er widmet sich Themen wie Radikalisierung, Bandenkriminalität und dem politischen Islam. Weswegen ihm öffentliche Auftritte nur mit Personenschutz möglich sind. Dennoch trat er am Donnerstag mit ÖVP-Stadtrat Karl Mahrer und ÖVP-Integrationssprecherin Caroline Hungerländer bei einem Hintergrundgespräch vor die Presse.
Mehr als "Sprache plus Arbeit minus Kriminalität"
Integration sei jedenfalls weit mehr als „Sprache plus Arbeit minus Kriminalität“, so Mansour. Es gehe um ein Verinnerlichen der Grundwerte.
Ein „fundamentales Hindernis“ seien aber patriarchale Strukturen, die weit mehr umfassen, als die ungleiche Stellung von Frauen: „Patriarchale Strukturen bedingen, einander nicht auf Augenhöhe zu begegnen, und Individualität, sexuelle Selbstbestimmung und eine gewaltfreie Erziehung abzulehnen.“ Darin sieht Mansour die Wurzel vieler Probleme, auch von (Banden-)Kriminalität: „Die Menschen sind verunsichert, wollen auf der Straße keine Schwäche zeigen und tragen daher ein Messer bei sich.“
Ebenso seien diese Strukturen ein Grund für die Entstehung von Parallelgesellschaften: „Das ist nicht der Ort, wo man Hummus und Falafel isst. Das sind Orte, wo andere Gesetze gelten, wo eine gewisse Verachtung gegenüber unserem Rechtsstaat herrscht, wo demokratische Strukturen als schwach wahrgenommen werden.“
Integration, sagt Mansour, brauche Zeit. „Innere Werte baut man nicht innerhalb einiger Monate um.“ Wichtig sei eine gute Durchmischung in Wohnvierteln und Schulen sowie klare Forderungen seitens des Staates: „Das war unser Fehler in Deutschland. Wir haben gesagt, wir schaffen das – wir haben aber nicht gesagt, was wir genau schaffen, und wie.“
"Haben ja auch etwas anzubieten"
Die Spielregeln seien klar und selbstbewusst zu formulieren. „Wir haben ja auch etwas anzubieten: Chancen, Emanzipation, Individualität, gewaltfreie Erziehung.“ Ebenso appellierte er: „Weniger Menschen aufnehmen – aber die richtig integrieren.“
Forderungen für Wien
Was Wien betrifft, fordert Hungerländer etwa eine Reduzierung der Mindestsicherung bei Asylberechtigten sowie ein genaueres Hinschauen bei muslimischen Akteuren und Vereinen, etwa wenn diese um Förderungen ansuchen. „Außerdem muss Kritik möglich sein und nicht als Islamophobie abgetan werden“, so Hungerländer.
Mahrer wiederum betont, dass bei Syrern und Afghanen Religion teils über dem Staat stehe (siehe Infobox) – hier gelte es, genauer hinzusehen, etwa, was in islamischen Einrichtungen gepredigt werde.
Segregationsbericht: Die Studie zu Zusammenhalt und Segregation aus 2023 ist etwa unter bundeskanzleramt.gv.at nachzulesen
28,4 Prozent der Afghanen und 31 Prozent der Syrer in Österreich wollen demnach keinen Politiker an der Spitze des Staates (also keine gewählte Person). Rund zehn Prozent der Afghanen und Syrer gaben an, ein Staat solle nach religiösen Gesetzen organisiert sein
„Auch das Auftreten von Friedensrichtern ist eine hochproblematische Entwicklung“, so Mahrer. Ebenso gelte es, offenzulegen, wer Imame finanziert, und was im islamischen Religionsunterricht gelehrt werde: „Der Inhalt muss integrationsfördernd sein.“
"Rufe nach Kalifat müssen strafbar werden"
Und er betont: „Rufe nach einem Kalifat oder auch ein Auftreten als Sittenwächter müssen strafbar werden.“ In Hinblick auf die Selbstbestimmung junger Frauen trete er für ein Kopftuchverbot unter 14 Jahren an Schulen ein, „natürlich verfassungskonform“.
Einig sind sich alle auf dem Podium: Man müsse Begegnungen ermöglichen, um Integration zu schaffen. Und: „Es gibt keine einzelne, rasche Lösung – es ist eine komplexe Materie.“ Mansour fügt hinzu: „Integration ist machbar. Und sie ist – vor allem – alternativlos.“
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