Regenbogenfahne bei Coronademo zerrissen: Freispruch für Klauninger

Die Maskendichte ist Mittwochvormittag im Gerichtssaal 303 in Wien nicht besonders hoch. Was auch daran liegen könnte, dass Corona-Dauerdemonstrantin Jennifer Klauninger und ihre Mitstreiter Maskenbefreiungsatteste vom selben Arzt präsentieren. "Ich wollte es ja versuchen, sehr geehrter Herr Rat", sagt sie zum Richter. "Aber es geht einfach nicht."
Im Zuhörerbereich feiern zumindest die Gesichtsschilder ein Revival.
Klauninger und ein weiterer Mitstreiter, laut Eigendefinition ein "freier Journalist", sind wegen Verhetzung angeklagt. "Hier wurden Homosexuelle mit Pädophilen gleichgesetzt. Das ist ein Aufstacheln zum Hass und eine Beleidigung der LGBTQ-Community", sagt der Staatsanwalt. Die Angeklagten hatten bei einer Demo am 5. September 2020 auf einer Bühne eine Regenbogenfahne zerrissen. Das Video davon wird auch im Gerichtssaal vorgespielt. "Ich werde genau das Richtige jetzt tun!", schmettert Klauninger ins Mikro. Dann ist die Fahne Geschichte.
Laut den beiden Angeklagten war die Fahne ein Zeichen von Kinderschändern. Konkret das Regenbogen-Herz in der Regenbogen-Fahne. Woher man denn dieses Wissen habe, fragt der Richter: "Aus Quellen", sagt der freie Journalist. Er sei nämlich der einzige Investigativ-Journalist des Landes, der gegen Kindesmissbrauch auftrete und sich eingehend mit der Materie beschäftigt habe und auch dem Innenministerium als Informant diene (was das Innenministerium in Abrede stellt). Nebenbei habe er auch noch einen Mord aufgeklärt. Zuvor habe er übrigens "15 Jahre Mainstream-Fernsehen gemacht", wie er verächtlich anmerkt.
Weinende Mütter
"Weinende Mütter sind bei mir gestanden", schildert Klauninger etwas später. Sie seien entsetzt gewesen, dass diese Fahne auf der Bühne sei - ein deutscher Besucher habe sie plötzlich geschwungen. Daher habe sie diese zerrissen.
"Ich bin selbst Mutter. In meinem Freundes- und Bekanntenkreis sind Mitglieder der LGBTQ-Community", sagt Klauninger. Der Mitangeklagte sagt, sogar Teil der Community zu sein. "Wie geht das, dass ich mich selbst verhetze? Das ist ein Justizskandal!"
Seltsam nur, dass unter anderem ein Verein, der sich um Geschlechtervielfalt und Identitätsfindung kümmert, Anzeige erstattet hat. "Die Symbole der Kinderschänder ändern sich ständig. Viele wissen das nicht", klärt der freie Journalist auf. Und auch die Homosexuellen-Initiative Hosi hatte sie nach dem Vorfall empört gezeigt.
Fahnenkunde
Nach einer umfangreichen Diskussion über Regenbogenfahnen kommt der Richter zu folgendem Schluss: Der Tatbestand der Herabwürdigung sei erfüllt, könne aber nicht mit der nötigen Sicherheit bewiesen werden. "Sie sind einem Irrtum aufgesessen und haben das Symbol jemandem zugeordnet, zu dem es nicht gehört." Er spricht die beiden Angeklagten vom Vorwurf der Verhetzung frei. Nicht rechtskräftig.
Was folgt, ist eine freudige Umarmung und ein abschätziger Kommentar gegenüber der erschienenen Pressevertreter: "Das hätte die Maskenpresse lieber anders gesehen", sagt der "Journalist".
Für Klauninger ist die Sache allerdings noch nicht ausgestanden. Ihr wird auch ein tätlicher Angriff auf einen Polizisten vorgeworfen - bei einer anderen Demo. Dazu wurden Videos angefordert.
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