Terror-Razzia: 70 Beschuldigte in vier Bundesländern
In den frühen Morgenstunden wurde heute eine großangelegte Aktion gegen Vereine und Gesellschaften, die unter Verdacht stehen, den islamistischen Vereinigungen Muslimbruderschaft und Hamas anzugehören, durchgeführt. Es ist jene Operation Ramses, die ursprünglich am Tag des Terroranschlags durchgeführt werden hätte sollen. Nur wurde sie umbenannt in Operation Luxor. 930 Beamte waren dabei beim Einsatz.
„Wir gehen gegen diese kriminellen, extremistischen und menschenverachtende Organisationen mit aller Härte und allen Möglichkeiten des Rechtsstaats vor“, sagte Innenminister Karl Nehammer (ÖVP). Nehammer war kurz nach der Großaktion in der Einsatzzentrale mit dabei und bedankte sich für die herausragende Leistung der Einsatzbeamten.
Schlag gegen Islamistenszene: Razzien in vier Bundesländern
Die Großaktion begann um 05.00 Uhr und soll bereits um 08.30 Uhr abgeschlossen worden sein. Laut Polizei Steiermark waren mehrere hundert Beamte österreichweit in die Aktion eingebunden.
Bei der Razzia wurden allerdings weder Waffen noch Sprengstoff allerdings entdeckt. „Es wurden Dokumente, Datenträger, Handys und ein erheblicher Bargeldbetrag sichergestellt“. Es wurden auch Konten und Liegenschaftsvermögen eingefroren“, sagt ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Graz zum KURIER. „In dem Fall geht es darum, Zahlungsflüsse nachweisen zu können, die in Hinblick auf Terrorismus-Finanzierung relevant sein können.“
Ermittlungen gegen 70 Personen
„Durch die intensive Arbeit der Polizistinnen und Polizisten ist uns ein Schlag gegen den Nährboden des Extremismus gelungen. Personen, die im Verdacht der terroristischen Vereinigung, der Terrorismusfinanzierung, der staatsfeindlichen Verbindungen, der kriminellen Organisation und der Geldwäscherei standen, waren Ziel der Aktion“, sagte der Innenminister.
Dafür wurden alleine 21.000 Stunden Observationen durchgeführt.
Der Aktion sind "umfangreiche und intensive, über ein Jahr dauernde Ermittlungen" des führend zuständigen Landesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) Steiermark zusammen mit dem LVT Wien vorangegangen. Eingebunden waren auch das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) und die LVT Kärnten und Niederösterreich.
Ermittelt wird von der zuständigen Staatsanwaltschaft Graz gegen über 70 Beschuldigte in den Bundesländern Steiermark, Kärnten, Wien und Niederösterreich, 60 Wohnungen, Häuser sowie Geschäfts- und Vereinsräumlichkeiten wurden durchsucht.
In der Folge wurden 30 Personen festgesetzt, sie sollen "zur sofortigen Vernehmung" den Behörden vorgeführt werden. Sie sollen aber nicht nur der Muslimbruderschaft, sondern auch der Hamas angehören. Laut Staatsanwaltschaft Graz sind derzeit keine Festnahmen geplant. Auch sei die Razzia allein auf Österreich beschränkt.
Bei den Vorführungen der 30 Beschuldigten zur Vernehmung handelt es sich nicht um Festnahmen, wurde seitens der Staatsanwaltschaft Graz gesagt.
Staatsanwalt: Wenige Details
Bei der Grazer Staatsanwaltschaft (StA) zeigte man sich auf Anfrage recht zugeknöpft. Bestimmte Orte oder Vereine, die Ziel der Razzien waren, wurden nicht genannt. Ob es sich bei den zur Vernehmung festgesetzten Personen um Männer oder Frauen handle, wurde nicht gesagt.
Auch zu weiteren Details wie etwa Staatsangehörigkeit gab es keine Angaben. Die Vernehmung der Personen, die in drei Bundesländern und Wien von der Polizei mitgenommen wurden, werde wohl in den entsprechenden Dienststellen erfolgen, hieß es. Es soll sich um Kultur- und andere Vereine handeln, bei einigen sei ein Gebetshaus bzw. eine Moschee angeschlossen.
In Ebreichsdorf im Bezirk Baden hat der Einsatz schwer bewaffneter Polizisten am Montag kurz nach 7 Uhr Früh für gehöriges Aufsehen gesorgt. Die Einsatzkräfte öffneten einen verbarrikadierten Hauseingang eines Objekts in der Wiener Neustädter Straße und durchsuchten die Räumlichkeiten. Zuletzt hatte sich an der Adresse eine Gruppierung syrischstämmiger Personen aufgehalten. Bei dem Zugriff soll auch Material aus dem Gebäude beschlagnahmt worden sein.
Kein Zusammenhang mit Terroranschlag
Es besteht der Verdacht der terroristischen Vereinigung, der Terrorismusfinanzierung, der staatsfeindlichen Verbindungen, der kriminellen Organisation und der Geldwäscherei.
Seitens der Staatsanwaltschaft Graz wird betont, dass die Razzien "in keinem Zusammenhang mit dem Terroranschlag in Wien vom 2. November stehen". Die Aktion wäre auf jeden Fall am Montag in der Früh erfolgt, wurde der APA gesagt. Wie berichtet, gab es Spekulationen, der Terrorist hätte von der Aktion am folgenden Tag mitbekommen und deshalb den Anschlag durchgeführt.
Die Muslimbruderschaft
Nach den bisherigen Ermittlungen handelt es sich laut Grazer Anklagebehröde "bei der Muslimbruderschaft um eine weltweit agierende, radikal-islamistische, massiv judenfeindliche Vereinigung, deren Hauptziel es ist, in allen Ländern der Erde einen islamischen Staat (Kalifat) auf Grundlage islamischen Rechts (Scharia) einzuführen."
"Die Muslimbruderschaft tritt in Europa und Nordamerika zwar mit der Behauptung des Gewaltverzichts zur Durchsetzung ihrer Ziele auf, unterhält nach den bisherigen Ermittlungen jedoch tatsächlich Kontakt zu terroristischen Vereinigungen und enge ideologische und finanzielle Beziehungen zu radikal-islamistischen Gruppierungen im syrisch-irakischen Bürgerkrieg", heißt es in einer Aussendung der Staatsanwaltschaft Graz."So unterstützen nach den bisherigen Ermittlungsergebnissen auch Vertreter der Muslimbruderschaft in Österreich unabhängig von ihren Herkunftsländern die Tätigkeit der 1987 als Zweig der Muslimbruderschaft gegründeten, palästinensischen Terrororganisation Hamas. Ziel der Hamas ist die Zerstörung des Staates Israel und die Gründung eines islamischen Staates mit Jerusalem als Hauptstadt. Diese Strategie der Hamas ist somit als Teil der Gesamt-Strategie der Muslimbruderschaft zu sehen."
Und weiter heißt es: "Die Staatsanwaltschaft Graz legt besonderen Wert auf die Feststellung, dass sich die Aktion nicht gegen Muslime oder gegen die Religionsgemeinschaft des Islam richtet. Vielmehr sollen die durchgeführten Maßnahmen auch dem Schutz der Muslime dienen, deren Religion für die Verbreitung verfassungsfeindlicher Ideologien missbraucht wird."
"Die Muslimbruderschaft ist laut StA Graz "keine Religionsgemeinschaft, sondern steht für religiös motivierten, politischen Extremismus. Die Ziele der Muslimbruderschaft und das von dieser angestrebte politische, totalitäre System, welches weder die Souveränität des Volkes noch die Prinzipien von Freiheit und Gleichheit gewährleistet, sind mit den Grundprinzipien der Verfassung der Republik Österreich und der österreichischen Gesellschaft sowie allgemein mit dem westlichen Demokratieverständnis von Koexistenz, Gleichstellung von Männern und Frauen und politischer Ordnung nicht kompatibel."
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