Armut als Hemmschwelle
„Als wir vor einem Jahr mit dem Projekt ,Suppentopf’ begonnen haben, hätten wir nicht gedacht, dass es so schnell so gut anläuft“, erzählt Anna Spielbüchler, die das Projekt beim Samariterbund gemeinsam mit einer Kollegin aufgebaut hat.
Aber es gebe einfach immer mehr Menschen, die es sich nicht mehr leisten könnten, ins Gasthaus oder auf einen Kaffee zu gehen. „Ihnen wollen wir sagen: ,Kommt her und ihr bekommt von uns ein gutes Essen, ihr werdet als Gäste bedient und könnt euch einfach einmal zwei Stunden bei uns wohlfühlen.’“
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Die anfängliche Hemmschwelle zu überwinden, sei dabei für die Gäste des Suppentopfes die größte Hürde, sagt sie: „Armut ist eben ein sensibles Thema und nicht jeder gibt gerne zu, dass er davon betroffen ist.“
Die Nachfrage steigt
Der Bedarf ist offensichtlich groß, immer mehr Armutsbetroffene kommen zwischen Montag und Samstag für eine warme Mahlzeit in einen der fünf Sozialmärkte des Samariterbundes. 300 Portionen werden täglich zubereitet – und die sind am Ende des Tages auch immer weg, sagt Anna Spielbüchler. Es sei daher ein großes Anliegen, Menge und Ausgabetermine zu erhöhen.
Dass in der Küche und bei der Ausgabe alles wie am Schnürchen läuft, dafür sorgt Tobias Aistleitner, der als gelernter Koch das Projekt von Anfang an begleitet und die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer vor Ort koordiniert. Von den Gästen bekommt er überwiegend positive Rückmeldungen zu den Gerichten.
„Unsere Kunden sind sehr dankbar. Die fliegen ja dann nicht von dem so ersparten Geld auf Urlaub. Ich höre dann: „Danke, ich hab’ mir im letzten Monat 20 Euro sparen können und konnte deswegen einmal zum Friseur gehen.“
Auch die kleinen Dinge können eben eine große Hilfe sein. Viele seiner Gäste kennt er schon gut. „Ein Wirt kennt seine Stammgäste ja auch. Natürlich tratscht man miteinander.“
Die Stammtischrunde im Sozialmarkt
Auch ein Stammtisch, eine Gruppe älterer Damen, hat sich in Meidling schnell etabliert. „Seit es das Angebot gibt, komme ich regelmäßig“, erzählt eine Dame aus der Runde, die nicht genannt werden möchte.
Der Stammtisch ist für sie wichtig geworden. „Wir kommen ja nicht nur zum Essen her, wir sind alle alleinstehend und haben hier jemanden zum Tratschen, das ist super. Es ist eine gute Einführung“, sagt sie über den „Suppentopf“.
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Einigen, die sich selber nicht in den Sozialmarkt trauen, nimmt sie eine Portion von der Essensausgabe mit. „Die kommen nicht her, auch nicht zum Einkaufen, die genieren sich. Aber man braucht sich nicht genieren, dass man arm ist.“ Auch ohne das Angebot des Sozialmarktes würde sie zwar irgendwie über die Runden kommen, sagt sie – aber es wird zunehmend schwerer.
Privileg als Auftrag
Eine Lebenssituation, die Rapid-Geschäftsführer Markus Katzer so nicht kennt, wie er selbst sagt. Aber genau das versteht er als seinen Auftrag. „Meinen Eltern ging es gut, wir hatten daheim immer eine warme Mahlzeit auf dem Tisch – umso wichtiger ist es mir, Menschen zu helfen, die nicht so viel haben.“
Eine Dame kommt herein, stellt sich in die Schlange und winkt den bekannten – und neuen – Gesichtern hinter dem Tresen freudig zu. Sie winken zurück. Man kennt sich hier.
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