Die pandemiebedingte strenge Abschottung der Bewohner von Altersheimen stößt zunehmend auf Widerstand. „Es gibt vermehrt Beschwerden von Betroffenen und Angehörigen bei uns“, schildert Michael Hufnagl vom Vertretungsnetz, das sich für die Wahrung der Rechte von Heimbewohnern einsetzt.
Alte Menschen haben ein besonders hohes Risiko, nach einer Infektion mit dem Coronavirus schwer zu erkranken oder sogar zu versterben. Deshalb werden sie von den Heimträgern aufgefordert, zu Hause zu bleiben. Weiters sind Besuche von Angehörigen derzeit untersagt. Ob das noch verhältnismäßig ist, ist aber umstritten.
Erstmals muss nun das Gericht klären, ob eine massive Einschränkung der Bewegungsfreiheit zulässig ist. Es geht um einen Pensionisten, der in einem privat geführten Heim in Wien untergebracht ist. Zwei Mal wurde er wegen eines Harnwegsinfekts in ein Spital gebracht, zwei Mal wurde er dort negativ auf das Coronavirus getestet. Trotzdem wurde er nach seiner Ankunft für 14 Tage in seinem Zimmer isoliert.
Klärung demnächst
Auf Basis des Heimaufenthaltsgesetzes hat nun Hufnagl ein Ansuchen beim Bezirksgericht gestellt. Es muss nun bis Ende dieser Woche entscheiden, ob die Maßnahme gänzlich, unter Auflagen oder gar nicht zulässig ist. Der Heimträger muss sich dann an die Entscheidung des Gerichts halten.
Wie berichtet hatte zuletzt Wiens Patientenanwältin Sigrid Pilz kritisiert, dass manche Heimträger die Bewohner in Quarantäne schicken, sollten sie entgegen den Empfehlungen das Haus verlassen. De facto sei dies ein Ausgangsverbot, das weit über die Maßnahmen hinausgeht, denen die Allgemeinbevölkerung aktuell unterworfen ist.
Auch für Hufnagl ist das eine überzogene Maßnahme: „Das ist ein absolutes No-Go. Damit werden die Heimbewohner zu Menschen zweiter Klasse gemacht. Natürlich sind sie eine besonders gefährdete Gruppe, man kann sie aber nicht über Monate abschotten, sondern muss mit Augenmaß vorgehen“, betont er. Zumal Studien zeigen würden, dass soziale Isolation bei alten Menschen zu einem früheren Tod führen könne.
„Kreative Lösungen“
Strenge Maßnahmen seienzu Beginn der Krise noch einzusehen gewesen, sechs Wochen nach Start der allgemeinen Ausgangsbeschränkungen seien nun aber kreative Lösungen gefragt, fordert Hufnagl. Er kann sich zum Beispiel vorstellen, dass Heime Besucherboxen einrichten, in denen sich – durch eine Plexiglaswand getrennt – Bewohner und Angehörige gegenüber sitzen können. Oder dass Bewohner in Begleitung eines Mitarbeiters das Haus für kurze Spaziergänge
In diesem Feld habe man sich für die sicherste Variante entschieden, betont man im Büro von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ). Per Landesverordnung gelte ein Besuchsverbot bis 30. April. Kurz davor werde man klären, ob es verlängert werden muss.
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