Prozess: HIV-Positiver attackierte Polizistin mit blutigen Fingern

ANSCHLAG IN WIEN: AUFTAKT TERROR-PROZESS
Zwei Jahre Haft und Maßnahmenvollzug für 13-fach Vorbestraften. Die betroffene Beamtin weiß erst im Juli sicher, ob sie sich infiziert hat oder nicht.

Ein 35 Jahre alter Mann, der im Zug einer Attacke auf die Polizei einer jungen Beamtin seine blutverschmierten Finger in den Mund gesteckt hatte, ist am Dienstag am Wiener Landesgericht zu zwei Jahren unbedingter Haft verurteilt worden. Er ist HIV-positiv, die Betroffene weiß bis heute nicht mit Sicherheit, ob sie sich infiziert hat. Der psychiatrische Sachverständige Peter Hofmann bescheinigte der Polizistin eine posttraumatische Belastungsstörung.

Der Angeklagte erzählte einem Schöffensenat (Vorsitz: Wolfgang Etl), er habe am 26. Jänner 2024 erfahren, dass er sich - offenbar aufgrund seiner Suchtgiftabhängigkeit - mit HIV infiziert hatte: "Ich war von dem überwältigt." Er habe sich deshalb mit Benzodiazepinen "zugedröhnt" und sei "die ganze Nacht fortgegangen". Gegen 2.00 Uhr wurde er in einem äußerst angeschlagenen Zustand von einer Polizeistreife aufgegriffen. Als die Beamtinnen seine Identität feststellen wollten, ging er gewalttätig gegen diese los. Der einen schlug er mit den Fäusten zumindest zehn Mal ins Gesicht und gegen den Hals, trat mit Füßen nach ihr und griff ihr schließlich mit seinen blutverschmierten Fingern in den Mund, wobei er "Ich habe alles, ihr Arschlöcher!" rief. Bei dem 35-Jährigen ist auch eine Hepatitis-Erkrankung nachgewiesen. Der zweiten Polizistin versetzte er Faustschläge und Tritte gegen den Oberkörper.

"Ich bekenne mich schuldig. Aber ich kann mich nicht erinnern", meinte der Angeklagte. Und er versicherte: "Ich hab nix gegen die Polizei." Der Mann weist 13 Vorstrafen auf. Zuletzt wurde er wegen eines Drogendelikts verurteilt, musste diese Strafe aber nicht verbüßen, da ihm von der Justiz "Therapie statt Strafe" gewährt wurde und er ein Entzugsprogramm absolvieren durfte, anstatt in eine Justizanstalt einrücken zu müssen. Der Erfolg der haftverschonenden Maßnahme blieb aus, wie nun der psychiatrische Sachverständige feststellte: "Alle bisherigen Behandlungen sind glorios gescheitert, auch die im Rahmen der 'Therapie statt Strafe'. Er konsumiert gleichzeitig viele verschiedene Substanzen. Man spricht da von Polytoxikomanie." Der Angeklagte sei seit seinem 15. Lebensjahr suchtgiftabhängig und weise darüber hinaus eine schwere kombinierte Persönlichkeitsstörung auf, sagte Hofmann, der für den Fall einer Verurteilung zu einer Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum im Sinn des § 21 Absatz 2 StGB riet. Der Mann sei gefährlich und habe "eine hochgradig tätliche Attacke ohne Rücksicht auf Verluste" gegen die Polizei gesetzt, gab der Gutachter zu bedenken.

Das Gericht leistete dieser Empfehlung Folge. Zusätzlich zur Verurteilung wegen Begehung einer Straftat im Zustand der vollen Berauschung (§ 287 StGB) wurde die Unterbringung im Maßnahmenvollzug angeordnet. Die psychisch stark belastete junge Polizistin, die eine HIV-Prophylaxe durchläuft und erst im Juli endgültig weiß, ob sie sich infiziert hat, bekam 3.480 Euro Schmerzengeld zugesprochen. Die Betroffene versieht Dienst, sie sagte in der Verhandlung in Uniform als Zeugin aus.

Das Urteil ist rechtskräftig.

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