Polizisten-Trick: "Inspektor Schaf" muss ins Gefängnis

Polizisten-Trick: "Inspektor Schaf" muss ins Gefängnis
Ein 27-Jähriger kontaktierte von Istanbul aus Senioren in Österreich und brachte sie um ihre Ersparnisse. Beim Prozess liefert er seltene Einblicke in die Welt der Kriminellen.

"Schaf", sagt der junge Mann. "So wie das Tier". Als Inspektor Michael Schaf stellte sich der Betrüger mehr als ein Jahr lang bei  Seniorinnen in Wien und Umgebung vor. Doch das ist nicht sein richtiger Name. Der 27-Jährige ist auch nicht Polizist. Er ist ein sogenannter "falscher Polizist" und gehörte jenen Kriminellen an, die bevorzugt Pensionistinnen seit Jahren um ihre Ersparnisse bringen. Hunderte Fälle in ganz Österreich sind dokumentiert, der bekannte Schaden beläuft sich auf 12 Millionen Euro - er dürfte in Wirklichkeit aber noch deutlich höher sein.

Der 27-Jährige, der am Freitag im Landesgericht für Strafsachen in Wien angeklagt ist, gehört nicht zu den Männern, die das Geld ihrer Opfer entgegen nehmen - derartige Gerichtsverfahren gab es schon viele. Er stand in der Hierarchie eine Stufe weiter oben: Der Österreicher saß in einem Callcenter in Istanbul, Türkei, und rief potenzielle Opfer an, machte ihnen Angst, fädelte die Geldübergaben ein. Und er arbeitete Hand in Hand mit jenem Mann, der der Kopf dieser berüchtigten Organisation sein soll: Dem Türken Kerim Y.

"100 bis 200 Anrufe am Tag", gibt der junge Mann zu. Doch nur ein Bruchteil sei erfolgreich gewesen. Wobei: "Gleich mein erster Anruf war ein Treffer." Bedeutet: Er verwickelte eine ältere Frau in ein Gespräch, erzählte ihr von angeblichen Einbrüchen in ihrer Umgebung und dass bei den Tätern ihre Adresse gefunden worden sei. Somit könnte sie das nächste Opfer werden, machte er den Pensionistinnen Angst und verleitete sie dazu, ihre gesamten Ersparnisse an die angeblichen Retter zu übergeben. Manche fuhren mit den Abholern sogar durch die Stadt von Bank zu Bank, um Geld abzuheben. Gearbeitet wurde übrigens nur von 7 bis 15 Uhr. "Dann haben ja die Banken zugesperrt."

Anwerbung in Wien

Er sei in einer Shisha-Bar in Wien-Währing angeworben worden. "Ich konnte mir aussuchen, ob ich in Wien oder in Istanbul arbeiten will", erzählt er. 

Die Gruppierung hat es speziell auf ältere Frauen abgesehen. Warum? "Kerim hat gesagt, dass die Männer klüger sind", erklärt der Angeklagte. 

Pro erfolgreichem Betrug gingen zehn Prozent an den jungen Mann. Der Abholer bekam sogar 25 Prozent. Den Rest soll Kerim Y. eingestreift haben. Die Beute, so schildert es der Angeklagte, wurde über einen türkischen Supermarkt bzw. einen Juwelier in die Türkei transferiert.

Mehr als ein Jahr arbeitete der Angeklagte für die Organisation, pendelte zwischen Istanbul und Wien. Insgesamt 42.000 Euro habe er verdient, gibt er zu. Doch dann seien ihm Zweifel gekommen. "Ich habe mitbekommen, dass eine Frau das Geld nicht übergeben wollte. Da wurde dem Abholer gesagt, er soll es ihr aus den Armen reißen", schildert er. "Ich habe da ein anderes Gesicht von Kerim kennengelernt und erst so richtig mitbekommen, was da wirklich abgeht."

Komplize in der Bank?

Und er erzählt, dass mittlerweile ein Bankmitarbeiter für die Organisation arbeiten soll, der entsprechende Hinweise an die Kriminellen weitergibt - inklusive Kontostand der möglichen nächsten Opfer.

Seit vier Monaten sitzt der Angeklagte schon in Untersuchungshaft. "Da habe ich viel nachgedacht. Was ich gemacht habe, ist unterste Schublade. Das ist ein No-Go."

Mehrere Damen, denen er Geld abgeluchst hat, sitzen als Zeuginnen vor dem Gerichtssaal. Der 27-Jährige hat sie um Hunderttausende Euro erleichtert. "Ich erkenne den Schaden an, ich will zumindest einen Teil zurückzahlen."

Er wolle sich einen "normalen" Job suchen und so Geld verdienen.

Dieser gute Vorsatz muss noch warten. Der 27-Jährige wird wegen schweren Betrugs und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung zu drei Jahren Haft verurteilt. Er nimmt das Urteil an, der Oberstaatsanwalt gibt keine Erklärung ab. 

 

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