Kurden-Demo von türkischen Rechtsextremen angegriffen

CORONAVIRUS: WIEN - KONTROLLMASSNAHMEN DER POLIZEI AM DONAUKANAL
In Wien-Favoriten gerieten am Mittwochabend kurdische und türkische Gruppierungen aneinander. Darunter dürften sogenannte "Graue Wölfe" gewesen sein.

In Wien-Favoriten sind am Mittwochabend bei einer Kundgebung türkische und kurdische Gruppierungen aneinander geraten. Es kam zu einem Großeinsatz der Polizei im Bereich der Fußgängerzone beim Keplerplatz. Kurden demonstrierten im Vorfeld gegen die Gewalt an Frauen.

Berichte, wonach es zu einer "Massenschlägerei" gekommen sei, bestätigte ein Sprecher der Polizei aber nicht. Es habe aber sehr wohl eine größere Menschenansammlung gegeben. Daher sei die Polizei, nicht zuletzt wegen der Coronakrise, mit einem großen Aufgebot ausgerückt. An Ort und Stelle hätten dann zwei "rivalisierende Gruppen räumlich getrennt werden müssen". Eine Person sei vorübergehend festgenommen worden.

Laut einer Augenzeugin waren bei dem Einsatz in der Fußgängerzone in der Nähe des Viktor-Adler-Markts in Richtung Innenstadt mindestens neun Polizeiautos und ein Hubschrauber im Einsatz. "Polizisten standen auf der Favoritenstraße Rücken an Rücken, damit sie beide Seiten im Blick haben."

Der freie Journalist Michael Bonvalot war vor Ort und schrieb auf dem Kurznachrichtendienst Twitter, dass sich rund 100 türkische Rechtsextreme ("Graue Wölfe") einer kurdischen Kundgebung auf dem Keplerplatz entgegengestellt und kurdische Demonstranten angegriffen hätten.

Laut Polizei äußerten zunächst nur ein paar "Passanten" ihren Unmut über die Demo auf dem Keplerplatz, die von ein paar Mitgliedern der Antifa unterstützt wurde. Dann kamen weitere Türken hinzu, die Atmosphäre erhitzte sich.

Offenbar Anhänger der ultranationalistischen „Grauen Wölfe“ schrien Gegenparolen und machten den „Wolfsgruß“. Einige von ihnen wurden wegen Anstandsverletzung, aggressiven Verhaltens und Verstoßes gegen das Symbole-Gesetz angezeigt, berichtete die Polizei am Donnerstag.

Die beiden Menschenmengen lösten sich zunächst auf, aber gegen 19.30 Uhr gerieten erneut Angehörige beider Gruppen am Wielandplatz in eine tumultartige Auseinandersetzung. Kurdische Teilnehmer flüchteten in ein nahegelegenes Vereinslokal im Ernst-Kirchweger-Haus, davor formierten sich einige Dutzend Menschen mit türkischem Migrationshintergrund.

Um eine Eskalation zu verhindern, hielten Polizisten beide Gruppen auf Abstand. Erneute Verwaltungsübertretungen seitens der Türken wurden „soweit wie möglich“ geahndet, hieß es im Polizeibericht. Eine kleinere türkische Gruppe versuchte, in das Vereinslokal einzudringen. Eine Person wurde deshalb festgenommen. Auch ein Kurde wurde festgenommen - wegen Drohung mit einem Messer, vorgefallen bei einer vorangegangenen Rauferei.

"Keine Massenschlägerei"

Vermutlich über soziale Medien informiert, war die türkische Menschenmenge mittlerweile auf mehrere hundert Personen angewachsen. Die Situation drohte zu eskalieren. Daher wurden aus dem gesamten Stadtgebiet Blaulicht-Einheiten in Favoriten zusammengezogen: „Auch Beamte, die gerade Planquadrate durchführten“, berichtete Polizeisprecher Paul Eidenberger. Diese sperrten den betroffenen Bereich für den Verkehr und trennten die Gruppierungen.

Die Menschenmenge löste sich langsam auf, gegen Mitternacht war der Polizeieinsatz beendet. Eine Massenschlägerei, wie von einzelnen Medien kolportiert, habe es nicht gegeben, betonte Eidenberger. Das habe man durch Deeskalationsmaßnahmen verhindert. Nachgegangen wurde am Donnerstag der Behauptung einer versuchten Körperverletzung.

In die Aufarbeitung der Auseinandersetzung ist nun auch das Landesamt für Verfassungsschutz eingebunden. Für Donnerstagnachmittag ist wieder eine Kundgebung von Kurden im zehnten Bezirk angemeldet.

Die Polizei rechnet am Donnerstagabend abermals "mit ein paar hundert Teilnehmern". Nach den Vorfällen von Mittwoch werde man "sich das genau ansehen" und mit einem Großaufgebot vor Ort sein.

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