Playtogethernow: "Refugees Welcome gibt es nicht mehr"

Playtogethernow: "Refugees Welcome gibt es nicht mehr"
Josef Schramml hat vor zwei Jahren das Projekt „playtogethernow“ ins Leben gerufen. Man engagiert sich für und mit Flüchtlingen. Die aktuelle politische Situation stellt die Verantwortlichen vor eine Herausforderung. Es drohen die ersten Abschiebungen.

"Ich bin jung, ich will nicht sterben. Ich will einfach weiterleben." Mustafa Merzai, 19 Jahre alt, steht auf der Bühne im UniCredit-Center am Kaiserwasser in Wien und versucht die richtigen Worte zu finden. Schwarzer Anzug, weißes Hemd, er ist dem Anlass entsprechend gekleidet. In etwas holprigem, aber verständlichem Deutsch erzählt der junge Afghane seine Lebensgeschichte. Mustafa hat vor wenigen Wochen einen Negativbescheid in erster Instanz erhalten. Die Person, der er diese Geschichte erzählt, ist Österreichs Bundespräsident.

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Playtogethernow_Schaller
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Alexander Van der Bellen ist an jenem Abend zu Besuch bei "playtogethernow". Ein Projekt, das sich seit etwas mehr als zwei Jahren für Flüchtlinge engagiert. Angeboten werden Fußball und Theater. Insgesamt "erreicht das Projekt knapp 200 Schutzsuchende aus dem Großraum Wien", heißt es auf der Homepage des Vereins. Initiator und Obmann ist der 61-jährige Josef Schramml, der hauptberuflich als Psychotherapeut in Wien tätig ist. Dass Van der Bellen die Einladung des Vereins angenommen hat, sei "nicht selbstverständlich", sagt Schramml. Die Verantwortlichen wollten dem Bundespräsidenten ihr Projekt präsentieren, das seit den Anfängen vor zwei Jahren deutlich gewachsen ist.

Sportliche Herausforderung

Das Kernteam besteht aktuell aus rund 20 Personen, die sich regelmäßig für "playtogethernow" engagieren. Schramml selbst spricht von "20 bis 30 Stunden in der Woche", die er in den Verein investiert: "Und je besser man die Flüchtlinge kennen lernt, umso mehr nimmt das zu." Fußball gespielt wird dreimal die Woche in Wien und in Schwechat. Hinzu kommen die Trainingseinheiten und Spiele von zwei Teams, die seit dem vergangenen Jahr in der Wiener DSG-Fußballiga aktiv sind. "Diese Entscheidung hat das Ganze verändert", sagt Schramml. Aus reinem Spaß am Fußball wurde plötzlich ein gewisser Ernst. "Unsere Spieler übernehmen jetzt mehr Verantwortung, gleichzeitig lernen sie zu verlieren und eine gewisse Disziplin."

Playtogethernow: "Refugees Welcome gibt es nicht mehr"

Der Einstieg in den Meisterschaftsbetrieb brachte aber auch zusätzliche Kosten. Der Platz auf dem trainiert wird, die Ausrüstung, die Schiedsrichter, all das kostet Geld. "Playtogethernow" erhält zwar eine Förderung der Stadt Wien, die sich auf 5.000 Euro jährlich beläuft, aber die die anlaufenden Kosten nicht abdecken kann. Deswegen ist man nach wir vor auf private Spenden angewiesen, die noch immer einen Großteil der Einnahmen ausmachen. Laut Schramml ist es schlussendlich ein Nullsummenspiel: "Es geht sich immer knapp aus." An der Spendenbereitschaft habe sich in den vergangenen Monaten jedenfalls nichts verändert, so Schrammel. "Unsere Spender sind prinzipiell bereit, etwas zu geben. Auch wenn die öffentliche Stimmung vielleicht eine andere ist."

"Klima droht schärfer zu werden"

Der 61-Jährige möchte auch die aktuelle politische Situation ansprechen, die den Verein vor eine große Herausforderung stellt. "Der Trend, der ja auch bei den Wahlen ersichtlich war, ist leider, dass die Stimmung in der Bevölkerung gegenüber Flüchtlingen zum Teil gekippt ist", sagt Schramml. Und: "‘Refugees Welcome‘ gibt es nicht mehr." Trotzdem würden sich noch immer viele Menschen ehrenamtlich für Schutzbedürftige engagieren.

Eine davon ist Karina Lackner. Die 37-Jährige Wienerin hat 2015 gemeinsam mit Alois Gstöttner das Projekt "Kicken ohne Grenzen" initiiert. Die Beiden sind selbstständig und arbeiten als Webseitenentwickler. Der Vergleich zu "playtogethernow" liegt nahe, die beiden Vereine tauschen sich auch regelmäßig aus. "Wir verfolgen zwar einen unterschiedlichen Ansatz, sind aber eng vernetzt", sagt Lackner. "Kicken ohne Grenzen" betreut aktuell zwischen 80 und 100 Jugendliche mit Fluchthintergrund. Die politische Situation wird kritisch gesehen. "Das Klima droht noch schärfer zu werden. Das wünsche ich unseren Jugendlichen nicht. Ich befürchte generell, dass unter den aktuellen Plänen der neuen Bundesregierung besonders sozial schwache Jugendliche und Menschen leiden werden. Und damit meine ich nicht nur Flüchtlinge", sagt Lackner.

Unsichere Zukunft

Bei "Kicken ohne Grenzen" kommt noch hinzu, dass das Projekt zu einem großen Teil auf staatliche Förderungen angewiesen ist. Vom Sportministerium erhielt man im vergangenen Jahr 12.000 Euro, die "Platzmieten für vier Teams und eine mehr oder weniger symbolische Aufwandsentschädigung für alle Trainer abdecken", sagt Lackner. Zusätzlich bekommt der Verein eine Kleinprojektförderung der Wiener MA57. Lackner befürchtet, dass "künftig weniger Budget für integrative Sportprojekte zur Verfügung steht." Das würde natürlich die Lage für alle Beteiligten erschweren. Zumal sich die Ehrenamtlichen nun vermehrt mit Negativbescheiden konfrontiert sehen. Schramml kann das nur bestätigen und sagt, dass viele der Spieler "angespannt und nervlich fertig" seien: "Sie wissen nicht, ob sie hierbleiben können, oder abgeschoben werden."

Vor allem Afghanen, die bei beiden Vereinen den Großteil der Vereinsmitglieder ausmachen, hätten es immer schwerer im Asylprozess eine positive Rückmeldung zu bekommen, so Schramml. Das zeigt auch die Statistik. Während Asylentscheidungen für Flüchtlinge aus Syrien in knapp 90 Prozent der Fälle positiv ausfielen, erhält ein Drittel der Afghanen einen negativen Bescheid: 2017 wurden bis Ende Oktober rund 33 Prozent rechtskräftig negative Entscheidungen getroffen (siehe Grafik). 2016 waren es sogar 38 Prozent.

Bei "Kicken ohne Grenzen" wurde erst vor Kurzem ein Jugendlicher zwangsabgeschoben. "Er war in einer Pflegefamilie aufgenommen und wurde dort in einer Nacht- und Nebelaktion abgeholt. Dabei konnte er sich nicht einmal verabschieden", schildert Lackner. Bei "Kicken ohne Grenzen" gab es einzelne negative Bescheide, aber auch Jugendliche, "die freiwillig zurückgehen." Für die Betroffenen sei das eine sehr schwere Situation. "Sie bemühen sich und versuchen sich zu integrieren. Das baut auch sehr viel Druck auf die Jugendlichen auf", sagt Lackner.

Großteil wartet auf Entscheidung

Bei "playtogethernow" blieb man bislang von Abschiebungen verschont. Wie lange das noch so bleiben wird, ist freilich fraglich. Und so recht weiß beim Verein keiner, wie man damit am besten umgehen soll. Zuletzt veranstaltete das Team einen Infoabend, um rechtliche Hilfe anzubieten. Nur wenige Jugendliche nahmen teil. "Das sind junge Burschen, die auch noch relativ naiv sind", so Schramml. Solange keine direkte Gefahr bestehe, "gehen sie dort nicht hin." So waren vor allem jene dort, die bereits einmal abgelehnt wurden. Das betrifft im Moment sechs, sieben Personen. Weitere sechs, sieben Flüchtlinge wurden zwar abgelehnt, sind aber subsidiär schutzberechtigt. Der Großteil der Mitglieder wartet noch auf die Entscheidung der Behörden.

Trotz dieser Ungewissheit steht für Schramml eines fest: "Wir werden weitermachen und unsere Jugendlichen unterstützen, wo wir nur können." Zuspruch erhält er von Van der Bellen, der sich bei seinem Besuch bei allen Ehrenamtlichen bedankt, "die sich stets bemühen und zeigen, was Integration heißen könnte." Zugleich betont der Bundespräsident, wie wichtig Projekte wie "playtogethernow" sind: "Ohne das Engagement der sogenannten Zivilgesellschaft wären wir nach dem großen Zustrom von Flüchtlingen vollkommen gescheitert."

Weitere Infos zu den beiden Projekten finden Sie unter playtogethernow.at und kicken-ohne-grenzen.at

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