Paketflut in Wien nimmt kein Ende: Was mit den Retouren passiert

Paketflut in Wien nimmt kein Ende: Was mit den Retouren passiert
Ein Pop-up-Store für nicht zugestellte Pakete hat in Wien vergangene Woche einen Hype ausgelöst. Oft nehmen zurückgesendete Pakete aber ein anderes Ende.

112 Pakete erhält jeder Wiener Haushalt pro Jahr. Statistisch gesehen natürlich. Und dennoch sind das wieder drei Pakete mehr als noch im Jahr 2021. Die Paketflut reißt also nicht ab, wie der Branchenreport der Kurier-Express- und Paketdienste (KEP) zeigt. Die Paket-stärkste Jahreszeit dabei ist unbestritten die Weihnachtszeit. Knapp jedes dritte Paket wird in diesem Zeitraum verschickt. Das zeigen die im Vorjahr veröffentlichten Zahlen von Greenpeace.

Häufig gehen die Pakete aber wieder an die Händler zurück. Jede Österreicherin und jeder Österreicher sendet pro Jahr 5,3 Pakete zurück an die Händler, berichtet Greenpeace. In absoluten Zahlen sind das 48 Millionen Retouren jährlich.

1,4 Millionen Pakete werden vernichtet

Was aber passiert mit diesen ungewollten Paketen? Ein nicht unwesentlicher Teil wird vernichtet. Allein in der Textilbranche werden EU-weit rund 20 Prozent der Waren vernichtet, wie eine Studie für das Europäische Umweltbüro zeigt. In Bezug auf Österreich errechnete Greenpeace, dass rund 1,4 Millionen Retourpakete jährlich entsorgt werden. „Für die Händler ist es billiger, die Produkte zu vernichten, als sie auszupacken, zu sichten und zu sortieren“, sagt Stefan Stadler, wissenschaftlicher Experte bei Greenpeace. Vor allem bei Kleidung und Schuhen sei das der Fall.

Eine Ressourcenvernichtung, derer sich die EU bereits angenommen hat. Seit Juli ist die neue Ökodesign-Verordnung in Kraft. Neben weiteren Maßnahmen soll damit auch der Vernichtung von unverkauften Textilwaren und Schuhen verboten werden.  

Alternativen zur Entsorgung

Der einzige Haken: Bis zur Anwendung der Verordnung werden weitere zwei Jahre vergehen. So lange kann also weiterhin Neuware vernichtet werden. Den Zeitraum empfindet Stadler von Greenpeace aber als „fair“. Die Händler bräuchten Zeit, um Alternativen zu finden, wie mit der zurückgesendeten Ware umgegangen werden soll, sagt er. Einige hätten sogar schon damit begonnen, Maßnahmen zu treffen. Etwa die Produkte genauer zu beschreiben, um Retouren zu vermeiden oder bessere Sortiersysteme zu installieren, um die Ware anschließend wieder ins Lager zu bringen.

Der Wiener Handel, so berichtet die Wirtschaftskammer, setze zudem auf Paketboxen und Rückgabestationen im eigenen Geschäft. Das sei einerseits ein  „klarer Schritt Richtung umweltfreundlicher Logistik“ und stärke zudem den Kontakt zu den Kunden, heißt es.

Um eine weitere Maßnahme komme man laut Stefan Stadler von Greenpeace aber nicht herum: Nur wenn die Retouren kostenpflichtig werden, werden sie weniger. „Das Problem ist nämlich, dass man derzeit alles gratis zurücksenden kann“. 

Ein Unternehmen, das Pakete weiterverkauft

Einen gänzlich anderen Ansatz verfolgt dagegen die französische Firma „King Colis“, die kürzlich einen Pop-up-Store in der Wiener Millennium City veranstaltete. Das Unternehmen kauft nach eigenen Angaben nicht zugestellte und verloren gegangene Pakete an und verkauft sie anschließend – verpackt – weiter. Und inszeniert sich dabei als umweltbewusstes Unternehmen, im „Kampf gegen die Verschwendung“, wie auf der Website zu lesen ist.

Paketflut in Wien nimmt kein Ende: Was mit den Retouren passiert

Der Pop-up-Store in der Millennium City

Die Kosten dieser Pakete – gerechnet wird nach Gewicht – sind aber leicht zu unterschätzen. Die darin befindlichen Waren sind für den Preis oft nicht zufriedenstellend, wie der KURIER beim Selbsttest feststellen musste. Wobei eine Portion Glück zu dieser Art des Einkaufens dazugehört.

"Ein Leben lang darauf gewartet"

Die Menschenmassen, die dieses Spektakel anzog, gaben dem Konzept jedenfalls recht. Das Anstellsystem musste neu konzipiert und mehr Security-Mitarbeiter angeheuert werden, erzählt Centermanager Matthias Franta.

Paketflut in Wien nimmt kein Ende: Was mit den Retouren passiert

Stundenlang standen Interessierte für ein Paket an

Die meisten kamen mit der Hoffnung auf ein Schnäppchen und standen dafür Stunden lang an.  „Das ist das, worauf ich mein ganzes Leben lang gewartet habe, dass es solche Aktionen gibt“, sagt zum Beispiel Martin. Er stellt sich in die Schlange, um Weihnachtsgeschenke einzukaufen. „Weil dann habe ich nichts damit am Hut, wer was bekommt. Die werden eins zu eins so unter den Weihnachtsbaum gelegt.“ Zurückgenommen werden die Pakete von „King Colis“ übrigens nicht.

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