"Rollende Bombe" auf Bahn entdeckt: Ermittlung sorgt für Aufsehen

Ein Güterzug der ÖBB fährt auf einer Bahnstrecke.
Im März entdeckt ein ÖBB-Wagenmeister gefährliche Risse bei einem Gefahrengüterzug. Die Behörde bleibt monatelang untätig. Warum?

Man könnte es positiv formulieren: In der Obersten Eisenbahnbehörde im Verkehrsministerium (bmimi) haben sie keine Zeit, um ausgiebig Zeitung zu lesen. 

Andererseits könnte man sich aber auch wundern, warum das Amt fünf Monate benötigt, um bei einem hochgefährlichen Vorfall eine Untersuchung einzuleiten. 

Denn am 24. März entdeckt ein ÖBB-Wagenmeister in St. Pölten eine "Rollende Bombe". Bei einem Gefahrengüterzug eines privaten Betreibers gibt es Risse gleich an mehreren Achsen. 

Ähnliche Vorfälle führten in der Vergangenheit zu Unglücken mit Dutzenden Toten, etwa in Viareggio (Italien) oder Eschede (Deutschland). Auch der St. Gotthard Tunnel in der Schweiz war nach einem folgenden Achsbruch monatelang gesperrt.

Bei einer solchen Entdeckung ist eigentlich Feuer am Dach, sollte man meinen. Erst am 10. April wird die zuständige Untersuchungsstelle (SUB) im Ministerium verständigt. 

Doch dort bleibt die Meldung vorerst einmal liegen. Eine eigentlich vorgeschriebenene Untersuchung bei "gravierenden Mängeln" wird nicht eingeleitet. 

Peter Hanke

Hanke erklärt langsame Ermittlungen 

ÖBB sehen "Großschadenereignis verhindert" durch den Wagenmeister

Dabei stellen sich viele Fragen: Wo wurden die Risse zuvor übersehen? Und welche Rolle spielte eine neue Richtlinie, wonach Revisionen dieser Räder nun von vier auf bis zu zwölf Jahre ausgeweitet worden sind? 

Oder warum wurde der brisante Vorfall erst drei Wochen später bei der Behörde gemeldet? Und warum erfuhr die zuständige Europäische Eisenbahnbehörde nichts davon? Oder wie viele baugleiche Waggons gibt es? Hat das Unternehmen schlampig gearbeitet? 

Doch dann wächst Gras über die Sache.

Erst im Mai poppt plötzlich eine Meldung im Intranet der ÖBB auf, wo der Wagenmeister bejubelt wird - unter dem Titel "Wagenmeister verhindert Großschadenereignis".

Im Juli berichtet der KURIER mit der Headline "Rollende Bombe" von ÖBB entschärft: Alarmierende Sicherheitslücke bei Güterzug". Der Grüne Abgeordnete Lukas Hammer stellt daraufhin eine parlamentarische Anfrage Anfang August, über die wieder medial berichtet wird.

Minister Hanke: "Informationen werden gesichtet"

Und die Oberste Eisenbahnbehörde?

Die will von alldem nichts mitbekommen haben, denn diese "wurde von der SUB am 18. August 2025 informiert und weitere Informationen angekündigt, welche nun gesichtet werden", teilt Verkehrsminister Peter Hanke (SPÖ) diese Woche in der parlamentarischen Anfragebeantwortung mit. Mittlerweile wurde doch noch ein Aufsichtsverfahren eingeleitet. Schuld sieht man offenbar vor allem bei den ÖBB, weil es keinen Eintrag im Notfallmeldesystem gab, wie es heißt. 

Aber auch sonst scheint im Amt keine Eile geboten. Die missglückte Evakuierung eines ICE mit 400 Insassen im Tunnel Hadersdorf im Juli ist immer noch nicht aufgearbeitet. Seit nunmehr fast drei Monaten heißt es, dass noch die Zeugen befragt werden müssen.

Gegen vier teils führende Beamte der ministeriellen Untersuchungsstelle SUB wird weiterhin wegen Verdachts des Amtsmissbrauchs und der Begünstigung ermittelt. Sie sollen mitgeholfen haben, im Vorjahr zwei Untersuchungen gegen den Lufthansa-Konzern manipuliert zu haben - was diese allerdings bestreiten.

Erst nach KURIER-Berichten über Probleme mit den Schutzmasken (Smokehoods), die vermutlich zum Tod eines jungen Flugbegleiters der Swiss in Graz geführt hatten, wurden schließlich weltweit gültige Verschärfungen von der IATA erlassen. 

Die SUB hatte bis dahin keine Gründe für eine Sicherheitsempfehlung gesehen. 

Kommentare