Unter dem Titel Wagenmeister verhindert Großschadenereignis, heißt es weiter: "In Verbindung mit der Gefahrengutladung hätte eine Nicht-Entdeckung nicht nur zu erheblichen Sachschäden in Millionenhöhe führen können, auch Streckensperrungen und ein Risiko für Mensch und Umwelt wären nicht auszuschließen gewesen."
Offenbar wurde sogar ein weiterer Riss an der Achse eines baugleichen Waggons bei dem Zug entdeckt.
Dass dieses Problem von den ÖBB als "schwerer Mangel" bezeichnet wird, ist kein Zufall, denn derartige Risse führten schon mehrfach zu Katastrophen. 2023 musste der Schweizer St. Gotthard Tunnel monatelag gesperrt werden, weil ein Güterzug entgleiste. Ursache war ein bei Kontrollen übersehener Riss in einem Rad.
Die gleiche Ursache hatte 2009 ein Unfall mit einem Gefahrenzug im italienischen Viareggio, bei der folgenden Explosion starben 32 Menschen. Zwei österreichischen Bahn-Manager wurden deshalb zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Sogar 101 Tote forderte die Entgleisung eines ICE 1998 in Eschede (Deutschland), weil ebenfalls ein Rad brach.
Risse von ÖBB-Wagenmeister im Bezirk St. Pölten entdeckt
Es gebe viel zu klären zu den Umständen: Wo wurden die Risse, die im Bezirk St. Pölten entdeckt wurden, zuvor übersehen? Und welche Rolle spielte eine neue Richtlinie, wonach Revisionen dieser Räder nun von vier auf bis zu zwölf Jahre ausgeweitet worden sind? Oder warum wurde der brisante Vorfall erst drei Wochen später bei der Behörde gemeldet? Und warum erfuhr die zuständige Europäische Eisenbahnbehörde nichts davon? Oder wie viele baugleiche Waggons gibt es?
Zuständig für die Beantwortung wäre die Untersuchungsstelle (SUB) im Verkehrsministerium, die laut Gesetzeslage jede schwere Störung untersuchen muss, die zu einem Unfall hätte führen können. Im Ressort des zuständigen Ministers Peter Hanke (SPÖ) heißt es dazu: "Bei einer routinemäßigen wagentechnischen Untersuchung eines Zuges durch einen ausgebildeten Wagenmeister wurden am 24. März Risse an zwei Achsen an zwei verschiedenen Waggons festgestellt. Dies wurde am 10. April an die SUB gemeldet. Da es sich nicht um einen Vorfall im Sinne des Unfalluntersuchungsgesetzes handelt, sondern die Risse bei einer routinemäßigen Untersuchung durch das Unternehmen festgestellt wurden, hat die SUB keine Sicherheitsuntersuchung eingeleitet und folglich auch keine Meldung an die Europäische Eisenbahnagentur gemacht."
Minister Hanke lässt Reform der Untersuchungsstelle prüfen
Und weiter heißt es: "Unabhängig von diesem Vorfall hat der Bundesminister für Innovation, Mobilität und Infrastruktur die interne Revision kürzlich ersucht, insbesondere die organisatorischen und rechtlichen Möglichkeiten einer Neuausgestaltung der Sicherheitsuntersuchungsstelle des Bundes einer umfassenden Würdigung zu unterziehen, wobei die Weisungsfreiheit der Behörde dabei nicht in Frage zu stellen ist. Mit einem Ergebnis ist im zweiten Quartal 2026 zu rechnen."
Gegen vier - teils leitende - Mitarbeiter der SUB laufen derzeit nämlich Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Wien wegen Verdachts der Begünstigung und des Amtsmissbrauchs. Sie sollen bei den Ermittlungen zu einem im Vorjahr schwer beschädigten AUA-Jet und einem Rauchvorfall mit einem toten Flugbegleiteran Bord einer Swiss-Maschine getrickst haben. Beim AUA-Hagelflug soll eine "schwere Störung" zu einer einfachen Störung heruntergestuft worden sein, um etwa die Herausgabe des Flugdatenschreibers an die Justiz zu verhindern. Diese musste das Gerät von der Kripo sicherstellen lassen. Derzeit laufen dazu die Einvernahmen.
Gewerkschaft vida kritisiert die fehlende Untersuchung
„Nach so einem Vorfall darf es keine Verzögerungen geben. Die gesetzlich dafür vorgesehene Sicherheitsuntersuchungsstelle (SUB) im Verkehrsministerium ist verpflichtet, jeder schweren Störung, die zu einem Unfall hätte führen können, nachzugehen. Das darf nicht der Interpretation oder dem Ermessenspielraum der Eisenbahnunternehmen überlassen werden“, kritisiert vida-Gewerkschafter Gerhard Tauchner wochenlange Verzögerungen, bis der Vorfall an die Behörde gemeldet worden sei. Dass die SUB in diesem Fall keine Untersuchung eingeleitet habe, sei absolut unverständlich und angesichts vergleichbarer Unfälle in Europa höchst bedenklich, setzt Tauchner nach.
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