Geklärt werden soll nun, ob Daten gelöscht oder manipuliert worden sein könnten. Wie berichtet, hat Passagier-Anwalt Wolfgang List Anzeige wegen Verdachts des Amtsmissbrauchs gegen die Ermittler der Untersuchungsstelle (SUB) erstattet. Das Ministerium unter Leonore Gewessler (Grüne) wies hingegen bisher alle Vorwürfe entschieden zurück.
Vorerst werden die Aufzeichnungen selbst aber noch immer nicht ausgewertet. Zwar hat das Gericht dies bereits gestattet, doch die AUA hat erneut Einspruch erhoben. Eine Begründung dafür lautet etwa, dass die zwei Flugbegleiter nicht durch den Hagel verletzt worden sind, sondern durch die Turbulenzen - deshalb handle es sich um keinen Unfall im rechtlichen Sinn und die Justiz habe keinen Zugriff auf die Aufzeichnungen, argumentiert die Fluglinie. Nun muss das Oberlandesgericht (OLG) darüber entscheiden.
Derzeit geht es jedenfalls Schlag auf Schlag: Seit dieser Woche gibt es eine Anzeige bei der Wiener Staatsanwaltschaft gegen Bettina Bogner, die Leiterin der SUB. Die Ex-Polizistin steht unter dem Verdacht des Amtsmissbrauchs und der Begünstigung und wird nun offiziell von der Staatsanwaltschaft Korneuburg als Beschuldigte geführt.
Verkehrsministerium weiß noch nichts von den neuen Ermittlungen
Im Ressort des neuen Verkehrsministers Peter Hanke (SPÖ) heißt es dazu: „Von Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Wien sind wir bisher nicht in Kenntnis gesetzt worden. Das Ministerium bzw. die SUB arbeiten dahingehend selbstverständlich vollumfänglich mit den Behörden zusammen. Das Ministerium hat bereits auf Basis der Anzeige die Leiterin der SUB, sowie weitere erwähnte Mitarbeiter um Stellungnahme zu den Vorwürfen aufgefordert. Die Stellungnahmen werden dann geprüft. Eine Entscheidung über etwaige dienstrechtliche Maßnahmen ist noch nicht getroffen worden.“ Bogner selbst ließ eine Anfrage unbeantwortet.
Ausgeweitet werden auch die Ermittlungen wegen der vom Informanten eines Sachverständigen erhobenen Vorwurfs, bei der AUA sei bei den Schulungen (etwa zur Bedienung des Wetterradars) getrickst worden. Obwohl die Fluglinie dies vehement bestreitet, sollen drei AUA-Verantwortliche von der Staatsanwaltschaft Korneuburg künftig als Beschuldigte geführt werden. Dazu soll es jetzt weitere Ermittlungen durch die Kripo geben.
Nicht restlos geklärt ist bisher auch, ob der Pilot das WC aufsuchen und die Co-Pilotin im Cockpit alleine lassen durfte. Die AUA betonte mehrfach, das Verbot gelte erst bei der unmittelbaren Landung. Dem KURIER wurde aber nun das interne Safety-Manual der Fluglinie zugespielt. Dort heißt es unter "Lande-Prozedur", dass alle WCs unmittelbar vor Beginn des Sinkfluges geschlossen bleiben müssen. Damit hätte der Pilot, dessen Anwalt bisher keine Stellungnahme abgab, zumindest gegen interne Regeln verstoßen.
Anwalt List behauptet außerdem, dass die zurück gelassene Co-Pilotin im Hagel in eine Art "Schockstarre" gefallen wäre und der Airbus bis zu zwei Minuten de facto führerlos gewesen sei. Diese wiederum bestreitet das.
Experten bezeichnen so etwas als "Startle and surprise effect", also Überraschungs- und Schreckmoment. Dieser Effekt wurde etwa 2017 bei beiden Piloten einer AUA-Maschine festgestellt. Damals gab es ebenfalls beinahe einen Strömungsabriss mit einem drohenden Absturz, allerdings über Salzburg. Dabei war die Crew laut Untersuchungsbericht ganze 73 Sekunden lang handlungsunfähig. Erst dann gelang ein Durchstartmanöver bei heftigen Scherwinden.
Interessant ist auch das Operation Manual der AUA, darin heißt es unter Punkt 8.3.8.1.: "Flüge durch bekannte Gewitterzonen sollen vermieden werden, wannimmer es möglich ist, wegen potentieller Gefahren wie zum Beispiel Hagel."
Die Maschine einer kroatischen Fluglinie hat dies zehn Minuten zuvor beherzigt und deshalb das Unwetter umflogen. Der AUA-Jet tat dies nicht.
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