Über das Taxigeschäft braucht man Leopold Kautzner, 63, nichts zu erzählen: Seit 35 Jahren chauffiert er die Autos mit den gelben Schildern am Dach; seit 30 Jahren als Unternehmer. Im KURIER-Gespräch erzählt der Obmann der Wiener Taxler über Eckpunkte der Branche, die Lösung des Tarifstreits mit Uber & Co. sowie über die (elektrische) Zukunft des Taxis.
KURIER: Zum Beginn vielleicht ein paar Eckdaten – wie viele Taxis und -fahrten gibt es in Wien, unter wie vielen Funkzentralen kann man wählen, und wie hoch ist der Frauenanteil unter den Lenkern?
Leopold Kautzner:
Wir haben mehr als 7.000 Taxis, die wickeln rund 2,5 Millionen Fahrten pro Monat ab. Klassische Funkzentralen gibt es nicht mehr, weil die Kommunikation längst über das Handy läuft, wir sagen daher Mobilitätszentralen. Da gibt es 31300, 40100/60160 (die gehören zusammen), Uber, Bolt und Free Now. Der Frauenanteil ist ein wunder Punkt, der wird nämlich nicht erhoben.
Trotz der vielen Taxis kommt es an manchen Tagen vor, dass man viele Anrufe und noch mehr Geduld braucht, um einen Wagen zu ergattern ...
... das muss dann aber schon ein Wolkenbruch sein, oder Silvester. Zum Vergleich: Hamburg ist etwa so groß wie Wien, und die haben dort gerade einmal 2.700 Taxis.
Wie sieht bei den Wiener Taxlern der Fahrplan zur E-Mobilität aus? Ab 2025 müssen neu zugelassene Taxis ja elektrisch sein ...
... das kennen wir bisher nur als Ankündigung der Stadt, wir haben noch nichts offiziell. Wir sind aber ohnehin innovativ: Schon jetzt gibt es in Wien rund 600 E-Taxis. Die momentanen Reichweiten sind ausreichend für eine Schicht, aber nicht für den Tag- und Nachtbetrieb. Eine Lösung könnten Ladeplatten an den Taxiständen sein. Das wird als Forschungsprojekt an acht Standplätzen von Stadt und Bund gefördert; der erste wurde diese Woche eröffnet – vorerst 56 Taxis werden mit dieser Technologie ausgerüstet.
Als Uber & Co. nach Wien kamen, führte dies zu heftigen Konflikten mit den Taxlern. Mit einer Gesetzesänderung wurde wieder für Ruhe gesorgt. Wie läuft es seither in der Praxis?
Ich finde das neue Gelegenheitsverkehrsgesetz super, weil jetzt für alle, die das Gleiche machen, auch die gleichen Regeln und Tarife gelten. Alle Lenker, – auch Uber-Fahrer – müssen nun die Taxi-Prüfung absolvieren.
Apropos Taxi-Prüfung. Ist es in Zeiten des Navi noch sinnvoll, dass jeder Taxler jede Gasse in ganz Wien kennen muss?
Nein, das hat es aber auch nie gegeben. In Wien gibt es 6.900 Straßen und Gassen, kein Mensch muss die auswendig kennen. Was ich will, ist, dass unsere Taxler die Hauptstraßen kennen. Wir prüfen rund 130 Routen ab, vor allem Hauptstraßen.
Was verdient ein Wiener Taxler im Schnitt?
Laut Kollektivvertrag 1.705 Euro pro Monat und 10 Euro Diäten pro Tag.
Wie kommen die immer beliebter werdenden Pauschaltarife zustande?
Es gibt einen Rechner des Konsumentenschutz-Ministeriums, der den Tarif für jede beliebige Strecke anzeigt. Davon darf man maximal 20 Prozent nach unten oder oben abweichen.
Bei so vielen Taxis gibt es sicher auch viele kuriose Geschichten; etwa von prominenten Fahrgästen oder besonders weit entfernten Fahrzielen.
Alle fahren mit dem Taxi, vom Mutterl bis zum Präsidenten. Sogar die Rolling Stones lassen sich von uns chauffieren. Und als vor einigen Jahren der isländische Vulkan den Flugverkehr lahmgelegt hat, sind einzelne Fahrgäste mit dem Taxi bis nach Hamburg oder Barcelona gefahren. So einen Vulkan könnten wir öfters gebrauchen.
Es gibt keine Taxi-Innung, sondern eine „Fachgruppe für das Beförderungsgewerbe mit Personenkraftwagen“ in der Wirtschaftskammer. Die umfasst neben Taxis auch Uber und Co.
7.000 Taxis von rund 2.800 Unternehmen sind in Wien im Einsatz; rund 4.000 bis 5.000 davon fahren tagsüber gleichzeitig
Erst vergangene Woche hat die Wiener Polizei einen Taxifahrer als Trickdieb überführt, der betrunkenen Fahrgästen teure Armbanduhren vom Handgelenk gezogen hat.
Wir standen während der Ermittlungen im engen Kontakt mit dem Landeskriminalamt. Wir haben sogar überlegt, eine Belohnung für Hinweise zum Täter auszuloben, davon wurde uns aber abgeraten.
Wie kann man sich vor solchen schwarzen Schafen schützen?
Wichtig ist, zu wissen, wie man ein echtes Taxi erkennt. Da gibt es die Taxi-Leuchte am Dach, das Kennzeichen mit W am Beginn und TX am Ende, den Taxameter und den gut sichtbar angebrachten Taxi-Ausweis des Lenkers.
Ihr Credo als Taxi-Obmann?
Wir sind 24 Stunden und 365 Tage für die Wiener da – und waren das z. B. auch während der Pandemie. Damals gab es kaum Fahrgäste, aber die Taxler sind für ein bis zwei Fahrten den ganzen Tag im Wagen gesessen – weil wir uns verpflichtet gefühlt haben.
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