Wenn die halbe Stadtprominenz zur Segnung einer Tiefgarage strömt

Promi-Auflauf am Neuen Markt: Gastgeber Johann Breiteneder, Dompfarrer Toni Faber, Stadtrat Jürgen Czernohorszky, Stadträtin Ulli Sima, Bürgermeister Michael Ludwig (alle SPÖ), Bezirksvorsteher Markus Figl (ÖVP), Porr-Chef Karl-Heinz Strauss, Wirtschaftskammer-Präsident Walter Ruck
Eine überraschend lange Reihe an Würdenträgern gab sich bei der Garageneröffnung die Ehre.

Selbst für eine Stadt, in der man generell gerne die eigene Größe feiert, war die geballte Prominenz, die sich am Dienstag zur Eröffnung der neuen Tiefgarage am Neuen Markt einfand, bemerkenswert.

Neben dem Gastgeber, „Best in Parking“-CEO Johann Breiteneder, gaben sich etwa Bürgermeister Michael Ludwig, Planungsstadträtin Ulli Sima und Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky (alle SPÖ) genauso die Ehre wie Bezirksvorsteher Markus Figl (ÖVP), der Wiener Wirtschaftskammer-Präsident Walter Ruck, „Porr“-Generaldirektor Karl-Heinz Strauss und selbstverständlich Dompfarrer Toni Faber, der höchstpersönlich die Segnung vornahm.

Wie gesagt, die Rede ist von der Eröffnung einer Tiefgarage und nicht eines Spitals oder einer neuen U-Bahn-Linie. (Apropos, Wiener-Linien-Geschäftsführer Günter Steinbauer gab sich ebenfalls die Ehre, hielt sich aber im Hintergrund.)

Keine halben Sachen

Über die Gründe für diesen außergewöhnlichen Auflauf an Würdenträgern und der einen Würdenträgerin (Sima) kann man nur spekulieren.

Wenn die halbe Stadtprominenz zur Segnung einer Tiefgarage strömt

"New Ohr Linz" hielten Laune und Lärmpegel hoch

Einer dürfte aber mit Sicherheit das Netzwerk der mit der Orchestrierung der Feierlichkeiten beauftragten PR-Größe Wolfgang Rosam sein, der nichts dem Zufall überließ und unter anderem mit einer Brass-Band, ORF-Star Nadja Bernhard als Moderatorin und Brötchen vom Schwarzen Kameel auffuhr.

Lange Vorgeschichte

Ein anderer Grund ist bestimmt die ebenso außergewöhnlich lange Entstehungsgeschichte des Projekts an sensibler Stelle in Sichtweite der Kapuzinergruft, wie auch Ludwig zum KURIER sagte. 20 Jahre, zahlreiche Proteste, zwei Bürgerentscheide und mehrfache Umplanungen brauchte es, bis der Stadtchef am Dienstagvormittag das symbolische Band zerschneiden konnte (siehe Infokasten unten).

Oder in Figls Worten: „Es haben in der Zwischenzeit Bürgermeister, Stadträte und Bezirksvorsteher – sogar mehrfach – gewechselt.“ Was Toni Faber übrigens zum freudigen Einwurf „.. nur der Dompfarrer nicht“ verleitete.

Jedenfalls schienen am Dienstag alle Mühen vergessen: Garagen-Chef Breiteneder lobte das „privat-öffentliche Miteinander“ zwischen Bauherren, Stadt und Bezirk, das „zu einem der schönsten Projekte in der Innenstadt“ führte. Und in allen Ansprachen wurde das neue „urbane Wohnzimmer“ gelobt, das an der Oberfläche entstanden ist.

Weitere Fertigstellung

Denn, das soll nicht unterschlagen werden, neben der Eröffnung der Tiefgarage wurde auch die weitgehende Fertigstellung der neuen Gestaltung des Neuen Markts gefeiert.

Wenn die halbe Stadtprominenz zur Segnung einer Tiefgarage strömt

Hellerer Bodenbelag, mehr Grün und vor allem weniger Verkehr: So präsentiert sich der neue Neue Markt heute

Für Ludwig ein „beispielgebendes Projekt“, das das historische Wien mit den Anforderungen einer modernen Großstadt verbinde. Es gehe darum, so betonten alle vom Bürgermeister abwärts, die Innere Stadt attraktiv und lebenswert zu halten.

Darum gebe es auch nach wie vor Autos im 1. Bezirk: „Weil wir die Innenstadt lebendig halten wollen.“ Und auch Ruck bekräftigte: Ein Fahrverbot wäre aus Sicht der Geschäftsleute „absurd“. Schlechte Nachrichten also für das weiterhin in der Schwebe befindliche Projekt der autofreien City.

Verkehrslast bleibt

Zweifelsfrei sei es die richtige Entscheidung gewesen, den Neuen Markt durch die Verlagerung der Parkplätze unter die Erde „so weit wie möglich autofrei zu bekommen“, sagt dazu Markus Tomaselli, Vorstand des Instituts für Städtebau der TU Wien.

Man könne jedoch diskutieren, ob es klug ist, den Verkehr nur unter die Erde zu legen: „Weil die Verkehrsbelastung durch An- und Abfahrten dieselbe bleibt.“

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So sah der Neue Markt noch bis vor wenigen Jahren aus

Die Oberfläche ist jedenfalls nicht wiederzuerkennen. Der Verkehr wurde weitgehend verbannt, der Asphalt durch graue Granitplatten ersetzt, in deren Fugen laut Sima auch Regenwasser versickern kann.

Zudem wurden zahlreiche Begrünungs- und Kühlungsmaßnahmen gesetzt: Bäume, Gräserbeete, Nebelstelen und ein Wasserspiel sollen die durch den Klimawandel zunehmende Sommerhitze erträglicher machen.

Kleines Foul

Was die Planungsstadträtin dann zu einer Spitze gegen ihre Vorgängerin Birgit Hebein (Grüne) nutzte: „Ich glaube, das war notwendig. Denn das, was von der Vorgängerin geplant war, entspricht einfach nicht mehr den Begrünungsstandards, die sich die Leute zurecht von uns erwarten.“

Ansonsten regierte aber uneingeschränkt die gute Laune, die der Dompfarrer in seiner Segnung auf den Punkt brachte: „Herr, wir loben und preisen dich für alle, die etwas dazu beitragen, dass Wien die lebens- und lobenswerteste Stadt der Welt bleibt.“

Amen.

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