Neuer Islam-Präsident will Deutschkurse für Imame
Um seine Bestellung gab es bereits viel Wirbel: Eine arabische und eine multikulturelle Kultusgemeinde hatten die Wahl des türkischstämmigen Ibrahim Olgun zum Präsidenten der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGiÖ) angefochten, weil sie sich im Obersten Rat nicht ausreichend abgebildet fühlten. Doch wie berichtet, wies das Bundeskanzleramt den Einspruch letztlich ab. Somit ist der 28-jährige Theologe Olgun, der dem türkischen Moscheen-Verband ATIB angehört, nun voll handlungsfähig. Am Montag präsentierte er seine Pläne für die IGGiÖ.
So will er etwa die Ausbildung islamischer Theologen in Kooperation mit der Uni Wien sowie mit der Katholischen Pädagogischen Hochschule (KPH) forcieren; die Deutschkenntnisse von Religionslehrern und Imamen verbessern; eine muslimische „Caritas“ aufbauen oder auch die Rolle der muslimischen Frauen stärken.
Von einem Burka-Verbot hält Olgun wenig – in erster Linie, weil es in Österreich kaum Burka-Trägerinnen gebe. „Hier wird ein gesellschaftliches Randthema in den Mittelpunkt einer Gesetzesdebatte gerückt. Wozu? Burkas tragen hierzulande vor allem Touristinnen aus dem arabischen Raum.“
Türkischer Einfluss?
Sein Hauptaugenmerk wolle er auf den Sektor Bildung richten, erklärt Olgun. Als Beispiele nennt er den Aufbau des islamisch-theologischen Instituts an der Uni Wien sowie die neue Kooperation des Hochschulstudiengangs für muslimische Religionslehrer IRPA mit der KPH.
Um Letztere hatte es zuletzt ja viel Aufregung gegeben, da ATIB-Vorstand Fatih Karadas, der gleichzeitig Botschaftsrat für Religionsangelegenheiten in der türkischen Botschaft ist, bei der Bestellung der Lehrbeauftragten massiv interveniert haben soll. Vier Lehrende werden nicht weiterbeschäftigt. „Ihre fachliche Eignung wurde für nicht ausreichend befunden“, fasst Olgun eine Entscheidung der zuständigen – nicht rein türkisch besetzten – IGGiÖ-Kommission zusammen. IRPA-intern wird dies jedoch bestritten.
Für das islamisch-theologische Institut sei bereits eine Professur ausgeschrieben wurden, sagt Olgun. Als aussichtsreicher Kandidat gilt Abdullah Takim, der zurzeit in Frankfurt lehrt – und zwar dank einer Stiftungsprofessur des türkischen Religionsamtes Diyanet.
Ein anderer Schwerpunkt von Olguns Präsidentschaft sei die Sprachkompetenz der Imame. So wurden bereits sämtliche Moscheevereine eingeladen, ihre Imame für Fachsprachkurse anzumelden, die in Kooperation mit dem Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) angeboten werden. Er befürworte die Möglichkeit, in mehreren Sprachen zu predigen, sagt Olgun. Einer Verpflichtung zu rein deutschsprachigen Predigten in den Moscheen kann er allerdings nichts abgewinnen – „der Imam sollte in der Sprache der jeweiligen Gemeinde sprechen“.
Muslimische Caritas
Mittelfristig verfolgt die neuen IGGiÖ-Führung „die lang gehegte Vision“ einer muslimischen Parallelinstitution zu Caritas und Diakonie. Diese soll zum einen auf Moscheevereine einwirken, um Flüchtlingsquartiere zu organisieren. Zum anderen will Olgun eine Qualitätssteigerung bei der Krankenhaus- und Gefängnisseelsorge. Beides ist bis dato im ehrenamtlichen Bereich angesiedelt. Mit „vier bis fünf hauptberuflichen Seelsorgern in den Justizanstalten“ lasse sich das Angebot aber auf professionellere Beine stellen. Bloß: dafür fehle das Geld. „Da wir nicht aus dem Ausland finanziert werden dürfen“, sagt Olgun in Anspielung auf das Islamgesetz, „wird es ohne staatliche Unterstützung nicht gehen.“
Innermuslimisch setze er auf Vernetzung, interreligiös auf Dialog, versichert Olgun. Vor Journalisten demonstriert die IGGiÖ nach der Wahlanfechtung Einigkeit. Man stehe voll hinter Olgun, betonen dessen bosnischer Stellvertreter Esad Memic, der arabische Vize-Generalsekretär Mouddar Khouja sowie Frauenbeauftragte Carla Amina Baghajati. Die arabische Kultusgemeinde, die die Wahl angefochten hat, gibt dennoch nicht auf und will nötigenfalls bis vors Verwaltungsgericht gehen, erklärt Anwalt Franz Kellner.
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