Die Blitzeinbrüche in die Juweliergeschäfte in der SCS sowie im Donauzentrum dauerten nur wenige Minuten. Minuten, die von der hochprofessionell agierenden Bande Monate im Voraus geplant worden sein dürften.
Das Vorgehen war in beiden Fällen gleich: Die Unbekannten stahlen in der Nacht vor dem Einbruch einen BMW, der ganz in der Nähe des Tatorts geparkt war.
Juwelierkette als Ziel
Über einen Liefereingang verschaffte sich die Bande bei der SCS Zugang zum Einkaufszentrum, bei dem Einbruch ins Donauzentrum über eine Rampe. Im Inneren rammten sie dann die Auslage der Geschäfte.
Ziel war jedes Mal die gleiche Juwelierkette. Die Kriminellen raubten Uhren und Schmuck. Bevor sie flüchteten, zündeten sie das Tatfahrzeug an. Auf KURIER-Anfrage wollte sich der betroffene Juwelier nicht zu der Einbruchsserie äußern.
Derselbe Juwelier, das gleiche Auto, dieselbe Vorgehensweise und ein Einkaufszentrum als Tatort – der Zusammenhang zwischen den Fällen ist nicht von der Hand zu weisen. Offiziell könne man dazu aber noch nichts sagen, so Hans-Peter-Seidl, Leiter des Referats Einbruchsdiebstahl im Bundeskriminalamt.
"Rammbock-Einbrüche in Juweliere sind ein recht neues Phänomen. Das kommt aus der Zeit der berühmtberüchtigten Pink Panther-Gruppe, die den Juwelier Wagner auf der Kärntner Straße überfallen hat."
International aktiv
Die Pink-Panther-Bande war bisher in rund 20 Ländern – darunter auch Österreich – aktiv und zählt etwa 220 Mitglieder, von denen die meisten aus den Ländern des früheren Jugoslawien stammen. Die Überfälle hatten zwischen 2019 und 2022 stattgefunden.
330 Millionen Euro
Die hochprofessionell agierende Bande hat laut Interpol, die eine eigene Abteilung zu ihrer Verfolgung gegründet hat, seit 1999 Schmuck im Wert von 330 Millionen Euro erbeutet. I
Zum Namen
Ihren Namen verdankt sie britischen Ermittlern, nachdem Täter bei einem Einbruch 2003 in London einen Diamanten in einer Kosmetikdose versteckten – wie in der US-Filmreihe "Pink Panther" von Blake Edwards.
Konkrete Zahlen, wie oft es zu Rammbock-Einbrüchen kommt, gibt es nicht. „Das können wir aus der Kriminalitätsstatistik nicht erheben“, heißt es dazu auf KURIER-Anfrage aus dem Bundeskriminalamt. Auch die jeweilige Schadenssumme der vergangenen Überfälle wird aus ermittlungstaktischen Gründen nicht mit der Öffentlichkeit geteilt.
Einzelfall in Wiener Nobelboutique
"Die Täter haben es meist auf Juweliere oder Mediamarkt-Filialen abgesehen. Dort stehen sie vor allem teure iPhones. Der Einbruch in eine Wiener Nobelboutique vor zwei Monaten war ein Einzelfall“, erklärt Seidl.
Ein Auto war Anfang April rückwärts in die Auslage der Nobelboutique "Amicis" gerast. Drei Einbrecher drangen in das Geschäft ein, raubten binnen Minuten hochpreisige Kleidungsstücke und ergriffen die Flucht. Seither fehlt von den Tätern jede Spur. Die Polizei sucht nach drei Verdächtigen.
Bei Einbrüchen dieser Art sei es sehr schwierig, Rückschlüsse auf die Täter zu ziehen. Der Grund: Es fehlen zusammenhängende Muster.
Anders sei das etwa bei Wohnungseinbrüchen. „Wenn man sich die Tatorte anschaut, wo eine Einbrecherbande zugeschlagen hat, dann haben die äußerlich immer dasselbe Erscheinungsbild, die Gebäude haben fast dieselbe Bauart, die Einbrüche finden im selben Viertel statt. Auch das Werkzeug, das die Täter benutzen, ist meistens dasselbe“, schildert Seidl.
Aufgrund dieser Indizien könne man dann auch oft Rückschlüsse auf die Täter ziehen. „Bei der Tatortwahl gehen Kriminelle oft von ihren eigenen Lebensverhältnissen aus. Wenn jemand also in wirklich desolaten Zuständen lebt, und sich zum Beispiel kein Geschenk für seine Freundin leisten kann, wird er nicht in einem hochpreisigen Geschäft einbrechen“, erklärt der Ermittler. Es gehe immer darum, seinen eigenen Lebensstandard ein bisschen aufzubessern.
Neuer Modus operandi
Ein Blick in die Kriminalstatistik zeigt, dass viele Einbrecher aus den Balkanstaaten kommen, die Pink Panther-Gruppe hatte ebenfalls dort ihre Wurzeln. Über die Herkunft der aktuellen Bande kann man bisher nur mutmaßen.
Klar ist, sie tritt sehr professionell auf: „Auch wenn man über die Vorgehensweise offiziell noch nicht viel sagen kann, steht eindeutig fest, dass es sich dabei um einen neuen Modus operandi handelt, mit einem Auto in ein Einkaufszentrum zu fahren und bei Juwelieren einzubrechen.“
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