Mit einem rot-weißen Absperrband hat die Polizei am Montag den Bereich rund um Eingang 5 in der Shopping City Süd in Vösendorf abgeriegelt. Zur Verwunderung vieler Kunden, wie ein KURIER-Lokalaugenschein zeigte. "Ist da was Schlimmes passiert?", fragt eine junge Frau einen Security-Mitarbeiter, der vor der Absperrung steht. "Nein, hier ist nichts passiert", lautet die knappe Antwort.
Mit Blick auf den betroffenen Eingangsbereich zeigt sich aber ein ganz anderes Bild: Wie berichtet wurde die SCS in der Nacht auf Montag Schauplatz eines spektakulären Coups.
Gegen 3.47 Uhr langte ein Alarm der Brandmeldeanlage des Einkaufszentrums in der Bezirksalarmzentrale der Feuerwehr ein. Da man einen Großbrand in dem mit 330 Geschäften riesigen Shoppingtempel befürchtete, wurden die Feuerwehrleute der Umgebung auch mittels Sirenen geweckt.
Einsatzkräfte gefordert
Zeitgleich rasten Funkstreifen der hiesigen Polizei an den Einsatzort. Unbekannte Täter hatten die Tür eines Lieferanteneingangs aufgebrochen und fuhren mit einem BMW, den sie in der Nacht zuvor in Wien gestohlen hatten, in das Shoppingcenter. Mit dem Auto als Rammbock krachten sie schließlich in die Auslage eines Juweliers. Der Laden verfügt über ein breites Repertoire bekannter Schweizer Uhren.
Da es in der SCS mehrere Juweliergeschäfte gibt, herrschte unter vielen Shoppingcenter-Mitarbeitern am Montagmorgen zunächst Rätselraten, welcher Laden überhaupt betroffen ist. "Ich habe nur die Einsatzfahrzeuge vor dem Eingang 5 gesehen. Als ich in der Früh gekommen bin, war der Bereich schon großflächig abgesperrt", sagte eine junge Frau, die hinter dem Tresen eines Cafés in der Nähe des Tatorts arbeitet.
Wasserschaden
Einige Läden hatten zudem mit einem Wasserschaden zu kämpfen. So auch das Mode-Geschäft "G-Star". Eine Mitarbeiterin war am Montagvormittag dabei, Kleidungsstücke vom Boden wegzuräumen, mehrere graue Müllsäcke lagen herum.
"Durch die Löscharbeiten nebenan haben wir einen Wasserschaden", so die Angestellte. Auch die automatische Sprinkleranlage hatte ihres zu der "kleinen Überflutung" beigetragen.
Beim Lokalaugenschein zeigten sich am Montagmorgen auch viele Kunden irritiert. Auskunft, was in der Nacht auf Montag eigentlich passiert war, bekamen die wenigsten. "Ich habe heute aus dem Radio von dem Überfall erfahren. Da ich aber gedacht habe, der Einsatz ist schon ganz beendet, bin ich mit meinem Mann zum Einkaufen hergefahren", sagt eine ältere Frau. In das Geschäft, in das sie eigentlich wollte, könne sie nun aber nicht, da es sich hinter dem Brandschutztor befinde, so die Kundin.
DNA-Spuren vernichtet
Die Einbrecher dürften es bei ihrem Coup vor allem auf hochpreisige Modelle und teuren Schmuck abgesehen haben. Um Spuren wie Fingerabdrücke oder DNA im Fahrzeug zu vernichten, wurde der zurückgelassene Wagen in Brand gesteckt. "Eine gängige Praxis bei solchen Taten", erklärt ein Ermittler des niederösterreichischen Landeskriminalamts.
Auf einem Video aus der Überwachungskamera ist zu sehen, wie die Täter Flüssigkeit – vermutlich Brandbeschleuniger – in das Fahrzeug schütteten. Danach zündeten sie ein bengalisches Feuer und warfen es auf die Sitze.
Durch die explosionsartige Stichflamme könnte einer der Täter sogar verletzt worden sein, heißt es aus Polizeikreisen. Diesen Anschein lassen zumindest die Bilder vermuten. Dass vom Auto nur der Innenraum ausbrannte und ein weit größeres Feuer verhindert werden konnte, sei dem raschen Einsatz der Feuerwehr zu verdanken, heißt es bei der Polizei.
„Durch die hauseigene Sprinkleranlage breitete sich das Feuer zum Glück nicht weiter aus, der Brand beschränkte sich auf das Fahrzeug“, sagte Robert Heindl vom Bezirksfeuerwehrkommando Mödling. Eine Alarmfahndung nach den Einbrechern verlief bisher negativ.
Geschäfte geschlossen
Die Polizei geht davon aus, dass zumindest zwei Personen den Einbruch verübten. Denkbar ist laut Polizei, dass es Helfer gab, die mit einem Fluchtfahrzeug bereit standen. Das Landeskriminalamt hat mit Spezialisten aus den Bereichen Diebstahl, Brand und Tatortermittlern den Fall übernommen.
Laut einem SCS-Sprecher ist bisher noch nicht klar, wann die Geschäfte rund um den Juwelier wieder öffnen können. Aller Voraussicht nach sei der Eingangsbereich ab Dienstag aber wieder zugänglich, das Auto wurde bereits am Montagnachmittag geborgen.
"Jetzt erheben Sachverständige, wie groß der Schaden ist. Eine zentrale Rolle spielt auch die Frage, inwieweit die Decke standgehalten hat beziehungsweise ob man diese erneuen wird müssen", sagt der Sprecher des Shoppingcenters. Betroffen seien etwa drei Prozent der gesamten Verkaufsfläche.
Wann die Geschäfte rund um den Juwelier wieder aufsperren können, steht nach wie vor nicht fest. "Es muss jetzt überprüft werden, ob in den Läden durch den Brand oder die Löscharbeiten Schaden entstanden ist. Erst dann können wir entscheiden, wann welches Geschäft wieder öffnet", sagt der Verantwortliche.
Rammbock-Bande in Wien
Der Überfall weist indessen einige Parallelen zu einem Coup in ein Nobel-Bekleidungsgeschäft in der Wiener Innenstadt auf, der vor einem Monat passiert ist. Mit einem ebenfalls gestohlenen Auto rasten drei Einbrecher in das Schaufenster des Herrenausstatters und erbeuteten binnen Minuten mehrere hochpreisige Kleidungsstücke. Die Schadenssumme liegt im sechsstelligen Bereich.
Die Landespolizeidirektion Wien ersuchte in diesem Fall auch die Bevölkerung um Mithilfe. Zeugen der Tat unter der Telefonnummer 01-31310 DW 62800 an das Landeskriminalamt wenden.
Die Polizei prüft indes einen möglichen Zusammenhang. "Wir schauen uns alle Akten noch einmal an. Momentan kann man noch nicht sagen, ob die Fälle etwas miteinander zu tun haben, aber die Ermittlungen laufen in diese Richtung. Wir werden allen Hinweisen nachgehen", bestätigt Chefinspektor und Polizeisprecher Johann Baumschlager.
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