Mutter geschlagen: Albtraum in den eigenen vier Wänden

Mutter geschlagen: Albtraum in den eigenen vier Wänden
10 Monate bedingte Haft für 18-jährigen Wiener. Dazu Therapie und Job-Weisung; nicht rechtskräftig.

Zwei Pensionistinnen sitzen an diesem Donnerstag vor dem Verhandlungssaal 31 im Landesgericht für Strafsachen in Wien. "86 bin", sagt die Ältere. "Aber seit zwei Jahren ist mein Kosename Hure." "Schauen Sie", sagt die andere Frau und deutet auf ihr Handy. "Da schlatzt er mich an." Kurz vor 11 Uhr rätseln die Frauen - es handelt sich um Mutter und Tochter - ob der Angeklagte noch erscheinen wird. "Heute ist er um halb 5 stockbesoffen gekommen. Er hat nicht einmal mehr stehen können", schildert die Ältere. 

Wenig später wird ein junger Mann in ein paar Metern Entfernung in Begleitung seines Anwalts Harald Premm stehen bleiben. 18 Jahre alt, auffallend schmächtig. Es ist der Sohn bzw. Enkelsohn der beiden Frauen. Und der Angeklagte.

Kein Kontakt zur Bewährungshilfe

Eigentlich hätte dieser Fall nicht vor dem Landesgericht landen müssen. Denn der Angeklagte hätte Bewährungshilfe erhalten sollen - und die Sache wäre erledigt gewesen. Doch die Wege des 18-Jährigen und des Bewährungshelfers trafen sich nie. Und somit hat der Bursche sein erstes Gerichtsverfahren. Angeklagt ist fortgesetzte Gewalt.

„Nahezu täglich hat der Angeklagte seiner Mutter Schläge versetzt und sie massiv bedroht“, schildert der Staatsanwalt. Wenn ihn die Mutter vor die Tür setzte, sei er zur Oma gezogen. „Dort ist es weitergegangen.“ Einmal soll er versucht haben, seinen Hund auf die Großmutter  zu hetzen: „Spring die alte Hure an und f* sie und beiß sie“, soll er gesagt haben.

Unschuldslamm

Doch vor Gericht zeigt sich der 18-Jährige als Unschuldslamm. „Meine Mutter macht Stress und beleidigt mich. Sie schlägt mich auch.“  Er würde sich nur wehren. Der Richter hält ein Bild vor, das die Mutter mit einer deutlichen Rötung am Bauch zeigt. „Sie fällt manchmal hin“, erklärt der Angeklagte.

„Mein Mandant ist in einem toxischen Familienumfeld aufgewachsen“, sagt Anwalt Premm. Doch nicht der 18-Jährige, der noch nie einen Job hatte, habe ein Gewaltproblem, sondern die Mutter. „Sie zuckt  aus und geht auf den Angeklagten los.“

Die Mutter selbst klagt: „Er geht nicht arbeiten, macht überhaupt nichts. Er hat mich immer nur geschlagen. Er war nie ein Mensch.“ Vor zwei Jahren habe sie den Sohn rausgeworfen. Doch immer wieder stehe er schreiend vor der Tür, fordere Geld, drohe ihr. „Ich habe Angst, dass ich aus der Wohnung fliege, deshalb gebe ich ihm was. Was soll ich sonst machen?“ 

"Ich kann nicht"

Mehrere Polizeieinsätze sind aktenkundig. Auch bei der Großmutter. Doch die verweigert vor Gericht die Aussage. „Ich kann nicht“, sagt die alte Dame. Somit dürfen auch die Aussagen, die sie bereits gemacht hat, nicht verwertet werden.

Der Bursche wird zu 10 Monaten bedingter Haft  wegen fortgesetzter Gewalt gegen die Mutter und zwei gescheiterter Raubversuche verurteilt, nicht rechtskräftig. Zudem muss er sich einem Anti-Aggressionstraining unterziehen und einen Job finden. 

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