Schutzgeld-Erpressung: "Eine eigene Welt, die sich hier auftut"

Schutzgeld-Erpressung: "Eine eigene Welt, die sich hier auftut"
39-jähriger Kampfsportler und Komplize sollen Lokalbetreiber in Wien ihre "Dienste" aufgezwungen haben.

Die Worte des Staatsanwaltes am Mittwoch im Landesgericht für Strafsachen Wien sind deutlich: "Hier geht es um Schutzgeld-Erpressungen von Lokalbetreibern im 15. und 16. Bezirk. Es ist eine eigene Welt die sich hier auftut."

Die Angeklagten: Ein Vorbestrafter 39-Jähriger, ehemaliger MMA-Kämpfer und laut Anklage "Chef der Tschetschenen" in Wien sowie ein 29-jähriger Österreicher mit türkischen Wurzeln.

Einschlägig vorbestraft

Der Tschetschene saß bereits wegen genau solcher Vorwürfe 2,5 Jahre in Haft. Doch es dauerte nicht lange, da soll er das "Geschäft" wieder aufgenommen haben. 

Zum einen soll der Betreiber einer Shisha-Bar dazu gezwungen worden sein, Türsteher zu zahlen, die sich "um die Sicherheit" kümmerten. Der Tageslohn ging laut Anklage aber Großteils an die Beschuldigten. Widersetzten sich die Betreiber, wurde das Lokal zu Kleinholz zusammengeschlagen. Die Türsteher selbst sollen Auseinandersetzungen angezettelt haben. "Der Lokalbetreiber hatte nichts mehr zu reden", sagt der Staatsanwalt.

In einem anderen Fall wurden illegale Glücksspiel-Automaten während der Coronazeit aufgestellt. "Vereinbart war, dass sich der Lokalbesitzer und die Männer das Geld teilen. Aber dann wollte man den gesamten Erlös."

Schon zu Beginn des ersten Prozesstages hat der Staatsanwalt eine Befürchtung: "In der Hauptverhandlung werden wir Zeugen hören, die sich plötzlich nicht mehr erinnern können. Grund ist die große Angst, die herrscht." Doch die aufgezeichneten Telefongespräche würden die Erpressungen beweisen. 

Rechtsanwalt Marcus Januschke, der den ehemaligen Kampfsportler vertritt, versucht die Rolle seines Mandanten zu relativieren. "Die Bezeichnung als Chef der Tschetschenen hat mir ein Schmunzeln entlockt. Chef bist du schnell einmal. Auf einer Baustelle zum Beispiel oder als Kellner. Man sagt es aber auch zu Leuten, deren Namen man sich nicht merkt."

Chef ist nicht gleich Chef

Der 39-Jährige sei weder Chef noch in irgendeiner obersten Riege. "Er hat nur eine gewisse Bekanntheit unter den Tschetschenen, weil er MMA-Kämpfer war. Nicht wegen krimineller Machenschaften. Und Landsleute würden hin und wieder ihren Wünschen Nachdruck verleihen, indem sie behaupten, dass sie ihn kennen. "Um das zu verhindern, hat er die letzte Zeit auch in Spanien verbracht." Die Erpressung von Schutzgeld bestreitet er - wie auch der Zweitangeklagte.

Aussage werde der Tschetschene aber keine machen. "Wir bereiten eine schriftliche Stellungnahme vor", kündigt Januschke an.

Prozess für mehrere Zeugenaussagen vertagt.

 

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