Mordprozess: Tödlicher Schuss in Druckerei in Simmering

Mordprozess: Tödlicher Schuss in Druckerei in Simmering
Der 35-jährige Iraner Yusof A. soll einen Landsmann erschossen haben. Er schildert eine gänzlich andere Geschichte.

Was am 7. Mai 2023 auf der Simmeringer Hauptstraße in Wien passiert ist, darüber gibt es zwei Versionen. Eine der Staatsanwaltschaft Wien, eine des Angeklagten. Die Geschichten unterscheiden sich in grundlegenden Dingen. Was sie gemeinsam haben: Ein 38-jähriger Mann starb an diesem Tag. Er wurde von einem Schuss in der Brust getroffen.

Angeklagt wegen Mordes ist deshalb der 35-jährige Iraner Yusof A. Der ehemalige Betreiber eines Druckerei-Geschäftes erklärt im Großen Schwurgerichtssaal des Landesgerichts für Strafsachen: "Nicht schuldig".

Laut Staatsanwaltschaft Wien hatte der Angeklagte finanzielle Schwierigkeiten. Seine Einkünfte ließen sich mit seinem Lebensstil nicht in Einklang bringen. Neben einer teuren Wohnungsmiete hatte er einen Audi Q5 geleast, zudem habe er sein Geld in Glücksspiel investiert. "Er hat sich von mehreren Personen Geld ausgeborgt, konnte zuletzt auch die Leasingrate und die Geschäftsmiete nicht mehr zahlen", schildert die Staatsanwältin.

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Das sei schließlich der Grund gewesen, wie der Angeklagte mit dem um drei Jahre älteren Landsmann in Kontakt kam. Dieser wollte Geld an einen Angehörigen in seiner Heimat überweisen. Doch das ist auf herkömmlichem Wege aufgrund der Sanktionen nicht möglich. Also hilft man sich mit dem sogenannten "Hawala-System". Der 38-Jährige und seine Frau fuhren zu dem Unternehmer nach Simmering, übergaben ihm 33.000 Euro. Dieses Geld wiederum sollte der Vater des Angeklagten im Iran der Familie des Opfers übergeben.

Mordprozess: Tödlicher Schuss in Druckerei in Simmering

Doch es gab Probleme. Wohl nahm Yusof A. das Geld in seinem Geschäft entgegen. Doch er konnte nicht den Beweis liefern, dass sein Vater wiederum das Geld im Iran übergab. Als das spätere Opfer deshalb die übergebenen 33.000 Euro zurückforderte, fehlten 7.000 Euro. Als der Mann zur Rückgabe drängte, soll Yusof A. eine Schusswaffe gezogen und ihm in die Brust geschossen haben.

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"Das Opfer war nicht sofort tot, es kam zu einer Rangelei", beschreibt die Staatsanwältin. Auch die Frau des Opfers griff ein, schlug mit einer Stanzmaschine auf Yusof A. ein. Dann sackte der 38-Jährige zusammen, Yusof A. flüchtete. 

Dem halten die Anwälte des Mannes, Astrid Wagner und Michael Dohr, eine gänzlich andere Version entgegen. "Er hatte keine Geldprobleme. Er ist ein ehrgeiziger Unternehmer und wollte ausbauen. Er ist auch nicht spielsüchtig", sagt Wagner.

Nicht ihr Mandant sei handgreiflich geworden, sondern das Opfer. "Er hatte plötzlich die Waffe in der Hand, dann gab es einen Streit um diese Waffe. Im Gerangel hat sich ein Schuss gelöst." Die Verteidigung hält die Anklage für "konstruiert". "Das Plädoyer war sehr bemüht. Eine alte Weisheit lautet: Je länger es dauert, desto unsicherer ist die Beweislage." Das Wichtigste fehle: Nämlich ein Motiv.

Neben zahlreichen Zeugen werden auch etliche Sachverständige in dem Prozess zu Wort kommen. Das Urteil wird für den 12. Dezember erwartet.

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