Mordprozess: "Sie ist eine niedrige Frau, sie muss respektvoll sein"

Mordprozess: "Sie ist eine niedrige Frau, sie muss respektvoll sein"
Lebenslange Haft für afghanischen Ex-Polizisten, der seine Frau mit 26 Messerstichen in Wien ermordet hatte.

Er war Polizist in Afghanistan, war in der Anti-Terror-Einheit, kämpfte gegen den "Islamischen Staat" (IS). „Sie wissen, wie Sie kämpfen“, stellt Richter Andreas Böhm am Freitag im Landesgericht für Strafsachen in Wien fest. Doch genau dieser Kämpfer erklärt Freitagfrüh gestenreich, wie schlecht ihn seine Frau behandelt habe. „Sie hat mich geschlagen“, beklagt er.

Am 27. November des Vorjahres griff er laut Anklage in der Wohnung in der Katharinengasse in Wien-Favoriten zum Messer und stach vor den Kindern 26 Mal auf sie ein. „Nicht schuldig“, erklärt er dem Richter. „Gott hat es getan.“

Eine fremde Welt

Verteidiger Thomas Nirk hat alle Mühe, seinen 62-jährigen Mandanten zu vertreten. „Wir tauchen in eine Welt ein, die uns völlig fremd ist“, sagt er. Sein Mandant habe Probleme damit gehabt, dass seine Frau ein gewisses Selbstbewusstsein erlangt habe.

Das sagt Noor R. später auch selber. „Früher in Afghanistan hat sie mich geliebt. Sie hat mich ’Herz’ genannt. Das hat sich alles verändert, als sie nach Österreich kam.“ Plötzlich widersetzte sie sich. Widersprach. Das konnte der Mann nicht dulden. „Sie ist eine niedrige Frau. Sie muss gegenüber ihrem Mann respektvoll sein.“

Mordprozess: "Sie ist eine niedrige Frau, sie muss respektvoll sein"

Die Familie lebte in einem heruntergekommenen Haus in der Katharinengasse in Wien-Favoriten

2002 hatte das Paar geheiratet. „Obwohl ich vier andere Kandidatinnen hatte. Ich habe sehr viel Geld für die Hochzeit ausgegeben“, betont der Angeklagte. 2011 kam der Mann illegal nach Österreich, fünf Jahre später kam seine Familie nach. Insgesamt fünf Kinder bekamen die beiden. Das letzte drei Wochen vor der Tat – da war die Frau bereits 50 Jahre alt. „Ich wollte viele Söhne“, erklärt der Angeklagte. Die beiden Mädchen habe er nicht gewollt, aber seine Frau habe darauf bestanden.

Ursprünglich lebte die Familie in Kärnten. Und schon da fiel der Angeklagte durch Übergriffe auf – er wurde sogar wegen Körperverletzung und Nötigung verurteilt. Damals sagte seine Frau im Gericht aus, dass ihr Mann ständig gewalttätig gegen sie und die Kinder sei. Dass er ihr vorwarf, dass sie nicht als Jungfrau in die Ehe gegangen war. „Alles Lügen!“, beharrt der Angeklagte.

Die böse Frau

Richter Böhm fasst zusammen: „Also Ihre Frau ist die Böse und Sie sind der Arme.“

Am Tag der Tat gab es wieder einmal Streit. „Sie hat plötzlich ein Messer in der Hand gehabt“, erzählt der Anti-Terror-Kämpfer. „Aber unbestritten ist, dass Ihre Frau 26 Stich- und Schnittverletzungen hatte“, führt der Richter ins Treffen.

Einer Tochter, die den Angriff hautnah miterlebte, drohte er: „Verpiss dich! Sonst stech’ ich dich auch!“

Er sei ein guter Christ, betont der Angeklagte. Er habe 15 Muslime getauft. „Aber an diesem Tag hatte ich einen starken Druck.“

Das konnten die Geschworenen am Freitag nicht nachvollziehen. Sie verurteilten den 62-Jährigen wegen Mordes an seiner Ehefrau zu lebenslanger Haft. Das Urteil ist rechtskräftig.

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